Im Schattenblick findet sich ein ausführlicher Bericht über die Verhandlung zur Elektronischen Gesundheitskarte vor dem Sozialgericht Düsseldorf.
Montag, 9. Juli 2012
Das System e-Card - Auf dem Weg zum Bundesverfassungsgericht
Spendenaufruf für die Aktion „Stoppt-die-e-Card“
Die elektronische Gesundheitskarte ist eine Gefahr für die ärztliche Schweigepflicht und für eine gute medizinische Versorgung. Hier werden Milliarden für ein industriegetriebenes Projekt ausgegeben, die nicht den Bedürfnissen der Patienten gerecht werden. Der Deutsche Ärztetag hat auch 2012 das Gesamtprojekt entschieden abgelehnt. Seit 2007 gibt es die bundesweite Bürgerinitiative „ Stoppt-die-e-Card“, die sich zum Ziel gesetzt hat, über die gesundheitsgefährdenden Folgen einer zentralen Speicherung von Krankheitsdaten aufzuklären.
Wir brauchen Ihre finanzielle Unterstützung, um die kritische Aufklärung, z. B. durch Veranstaltungen und Informationsmaterialien etc., weiter führen zu können.
Wir bitten deshalb um Spenden auf das Konto der IPPNW
IBAN: DE39 1002 0500 0002 2222 10 BIC: BFSWDE33BER
Bank für Sozialwirtschaft Berlin unter dem Stichwort „Stoppt–die- e-Card“.
Mit herzlichen Grüßen
Dr. Silke Lüder
Dr. Manfred Lotze
Hamburg, Sprecher der Aktion „Stoppt-die-e-Card“, IPPNW HH
Ihre Spenden sind steuerlich absetzbar
Mittwoch, 4. Juli 2012
Das Komitee für Grundrechte und Demokratie zur "Gesundheitskarte"
Komitee für Grundrechte und Demokratie: Bremen, 29.06.2012
Wolfgang Linder
Wir fordern die gesetzlich Krankenversicherten auf, sich dem Ansinnen ihrer Krankenkasse zu widersetzen, ihr Foto für die elektronische Gesundheitskarte einzusenden.
Wir fordern Bundesregierung, Minister Bahr und Bundestag dazu auf, das Projekt „elektronische Patientenakte“ und den weiteren Roll Out der elektronischen Gesundheitskarte zu stoppen.
Die neue Gesundheitskarte leistet bisher nicht mehr als die alte Krankenversichertenkarte. Unter Berufung genau hierauf hat auch ein Sozialgericht in erster Instanz jüngst eine Klage gegen die neue Karte abgewiesen. Allerdings ist sie viel teurer, da mit Prozessorchip und Foto des Inhabers versehen. Die Kassen suggerieren ihren Versicherten, Sinn der neuen Karte sei es, durch das Foto des Inhabers deren Missbrauch zu verhindern. Dies ist vorgeschoben. Kern des Projekts ist es, den Zugang zur elektronischen Patientenakte zu eröffnen. Künftig sollen auf zentralen Servern möglichst sämtliche medizinische Behandlungen möglichst vieler Versicherter lebenslang gespeichert werden. Soweit ist es noch nicht, die dafür erforderliche technische Infrastruktur wird noch vorangetrieben. Aber: nur dadurch können die immensen Kosten des Projekts gerechtfertigt werden. Es heißt, man könne nur so Doppel- oder sich widersprechende Behandlungen vermeiden. Eine längst überfällige Verbesserung der Kommunikation von Ärzten und Krankenhäusern untereinander ohne zentralen Datenpool wird hierdurch jedoch weder geleistet noch wird sie auf anderem Wege vorangetrieben.
Die Risiken und Konsequenzen aber werden immens sein:
"Das Komitee für Grundrechte und Demokratie zur..." vollständig lesen »Sonntag, 1. Juli 2012
Pressekonferenz zum eCard-Prozeß in Düsseldorf: Die Patienten sollen keine Kartenfotos einschicken!
Im Anschluß an die Urteilsverkündung im eGK-Prozeß vor dem Sozialgericht fand in Düsseldorf die Pressekonferenz zum Prozeß zur eGK statt.
Veranstalter waren die Versichertenorganisation Neuanfang und die IPPNW.
Teilnehmer: Wolfgang Linder, Kommittee für Grundrechte und Demokratie; Silke Lüder, Bündnis "Stopp die eCard", Jan Kuhlmann, Rechtsanwalt des Versichertenklägers; Kathrin Vogler, MdB der Linken und Md Gesundheitsauschusses des Bundestags. Moderatorin: Elke Steven, Grundrechtekommittee.
Rechtsanwalt Jan Kuhlmann trug vor, dass es nach der Klageabweisung durch das SG Düsseldorf neben der Berufung, die zum LSG in Essen führe, auch die Möglichkeit der Sprungrevision direkt zum Bundesverfassungsgericht gebe, wenn die Gegenseite (hier die Krankenkasse des klagenden Versicherten) zustimme. Eine solche Zustimmung sei durchaus denkbar, da die Kasse, wie einige andere Kassen offenbar auch, selbst kein sonderliches Interesse an der eGK habe, sondern sich durch anhängige IT-und weitere Verpflichtungen in ihrer Autonomie möglicherweise eher behindert sieht. Schließlich seien die Kassen auch wider Willen durch die Gesetzgebung 2010 und 2011 verpflichtet worden, 10% bzw. dann 70% der Mitglieder mit der eGK auszustatten (wie Vogler später ergänzte).
Grundsätzlich kann nach Kuhlmann nur das BVerfG die Gesetzesgrundlagen der eGK ändern, so dass am Ende eine Verfassungsklage stehen muß.
"Pressekonferenz zum eCard-Prozeß in Düsseldorf:..." vollständig lesen »Donnerstag, 28. Juni 2012
Gericht weist Klage gegen elektronische Gesundheitskarte ab
Die umstrittene elektronische Gesundheitskarte darf weiter benutzt werden. In einem Pilotverfahren wies das Düsseldorfer Sozialgericht am Donnerstag die Klage eines Versicherten ab, der befürchtet, dass vertrauliche medizinische Daten über ihn auf der Karte gespeichert und an Dritte weitergeleitet werden.
Der Kläger sei in seinem Recht auf Informationelle Selbstbestimmung nicht beeinträchtigt, befand das Gericht. Er könne sich nicht von der Nutzung der Karte befreien lassen.
Auf der Karte seien bislang lediglich, wie auf den alten Karten, die Stammdaten des Versicherten gespeichert. Nur das Lichtbild sei neu. Alle künftig geplanten Anwendungen seien freiwillig und nur bei Einwilligung des Versicherten vorgesehen. Über diese Anwendungen wie die Notfalldaten und die elektronische Krankenakte habe das Gericht aber im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden (Az.: S 9 KR 111/09).
Der Anwalt des Klägers, Jan Kuhlmann, kündigte Berufung gegen das Urteil am Landessozialgericht in Essen an. Mehreren Zuschauer-Berichten zufolge hat das Sozialgericht deutlich durchblicken lassen, dass es diesem Falle eine Grundsatzentscheidung in höheren Instanzen für angebracht hält. Der Vizepräsident des Sozialgerichtes habe in einem öffentlichen Gespräch nach der Verhandlung sogar eine Sprungrevision zum Bundessozialgericht empfohlen.
Die Aktion „Stoppt-die-e-Card“ bezeichnete den heutigen Prozess als „ersten Schritt in Richtung auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes gegen die gesetzlichen Verpflichtungen zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte im Sozialgesetzbuch.“
Kläger Sven S. habe dieses Ergebnis der mündlichen Verhandlung erwartet. „Nun wird er, unterstützt von einer großen Anzahl von Verbänden, welche in der bundesweiten Aktion ‚Stoppt die-e Card’ zusammen geschlossen sind, den Weg nach Karlsruhe weiter gehen“, heißt es in einer ersten Stellungnahme.
Dr. Silke Lüder, Sprecherin der Aktion, betonte, dass sie „in den vielfältigen Pannen im bisherigen e-Card Projekt den besten Beweis dafür“ sehe, dass die Gesundheitsdaten von Millionen Bürgern grundsätzlich nicht in zentralen Serverstrukturen gespeichert werden dürften. Erst letzte Woche habe sich herausgestellt, dass 2 Millionen Versicherte elektronische Gesundheitskarten mit einer Sicherheitslücke erhalten haben.
Nach Meinung des Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus, ist die Gerichtsentscheidung nicht als Rückschritt im Kampf gegen die elektronische Gesundheitskarte zu sehen. Das Gericht habe vielmehr signalisiert, dass eine Entscheidung an höherer Stelle getroffen werden müsse. Die Sache laufe nun auf eine Entscheidung in Karlsruhe hinaus. „Es bleibt zu hoffen, dass diese Instanz dann dem Gesetzgeber endlich die Augen öffnet und sich für die Sicherheit der sensiblen Patientendaten stark macht.“
Mit freundlicher Genehmigung von facharzt.de
Samstag, 23. Juni 2012
Ungehorsam
von chirurg@hontschik.de">Dr. med. Bernd Hontschik
Es ist still geworden um die elektronische Gesundheitskarte. Es hat in den letzten Wochen aber leise im Briefkasten geraschelt, millionenfach. Die Krankenkassen schreiben derzeit ihre Versicherten an und verlangen die Zusendung eines Passbildes. Das Foto würde für die elektronische Gesundheitskarte gebraucht. Gedroht wird zwischen den Zeilen: Wer die neue Versichertenkarte nicht hat, der wird von seinem Arzt bald nicht mehr behandelt werden!
Wir erinnern uns dunkel. Da war doch was. Gab es nicht gerade zum vierten Mal hintereinander einen Beschluss des deutschen Ärztetages, das Projekt der elektronischen Gesundheitskarte sofort zu stoppen? Gab es nicht massiven Widerstand gegen die Speicherung der sensiblen Gesundheitsdaten aller Versicherten auf zentralen Servern? Gab es nicht große Sicherheitsbedenken gegen diesen strukturellen Bruch des Arztgeheimnisses?
Das ganze Projekt sei aber absolut sicher. Das sagen die Hardwarehersteller. Das sagen die Softwareverkäufer. Das sagen die Politiker. Das sagen sogar einige Datenschützer. Die Gegner der elektronischen Gesundheitskarte geben aber keine Ruhe: Daten könnten online nie voll und ganz sicher sein vor unerlaubten Zugriffen, das Ganze sei nichts weiter als ein riesiger Auftrag für die Elektronik-Industrie, ökonomisch eine Milliardensubvention für ein Projekt, das in dieser Form niemand brauche. Großbritannien ist längst ausgestiegen, vor kurzem hat Tschechien.
In meiner Praxis sind schon die ersten Patienten mit der neuen Karte aufgetaucht. Erst haben unsere Kartenlesegeräte gestreikt, dann wurde die Praxissoftware angepasst, und nun erkennt der Computer die Patienten nicht mehr und legt ständig neue Karteikarten an. Ein lästiges, aber lösbares Problem.
Schon kommt aber die erste echte Hiobsbotschaft: 55 Krankenkassen habe ihren Versicherten eine neue Karte mit einem gravierenden Sicherheitsmangel ausgeliefert, denn die Herstellerfirma „itsc“ hat die neuen Karten mit einer sogenannten „Leerstellen-‐PIN“ produziert, mit der jede Manipulation und jeder Missbrauch möglich ist, solange der Versicherte nicht eine selbst generierte PIN eingespeichert hat.
Es braucht gar keinen großen Mut und noch nicht einmal Zivilcourage, es braucht jetzt nur ein wenig zivilen Ungehorsam: Antworten Sie Ihrer Krankenkasse, dass Sie kein Foto schicken werden. Es gibt für diese Anforderung keine gesetzliche Grundlage. Sie sind nicht dazu verpflichtet. Es wird Ihnen nichts geschehen. Ihr Arzt ist auch dann weiter für Sie da.
Frankfurter Rundschau vom 23.6.2012
Mit freundlicher Genehmigung des Autors
Mittwoch, 13. Juni 2012
Repost: Das komplette Infopaket zur Kampagne: Nein zur elektronischen Gesundheitskarte!
Sind Sie Ärztin oder Apotheker? Die Bürgerrechts- und Datenschutzorganisation FoeBuD e.V. hat unsere Argumente gegen die elektronische Gesundheitskarte für Ihre Patienten in komprimierter und gut verständlicher Form zusammengefasst, als Info-Komplettpaket für Wartezimmer oder Tresen.
Das Paket kann direkt beim FoeBuD bestellt werden. Im Grundpaket erhält man einen Aufsteller für das Wartezimmer oder die Anmeldung, 300 Flyer zur kritischen Information und 2 A1 und 2 A4-Plakate Plakate zum Gesamtpreis von 30 €.
Mit dem Inhalt dieses Pakets können Sie in Ihrer Praxis oder Apotheke oder in Ihrer Verbraucherzentrale schnell und unkompliziert über die Risiken und Nebenwirkungen der eGK informieren.
Weitere Infos finden sich unter https://www.foebud.org/egk-info
Montag, 28. Mai 2012
Ärztetag: Deutliches Signal gegen die Gesundheitskarte auch aus Nürnberg
Erneut hat sich der Deutsche Ärztetag gegen das Projekt der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) ausgesprochen. In einem am Freitag mit deutlicher Mehrheit verabschiedeten Antrag sprachen sich die Delegierten für „einen Stopp des Projektes und die Förderung längst existierender kostengünstiger dezentraler Kommunikationswege und Speichermedien in der Medizin“ aus.
Zu den Antragsstellern gehörten neben mehreren Mitgliedern der Freien Ärzteschaft (Dr. Axel Brunngraber, Wieland Dietrich, Martin Grauduszus, Dr. Silke Lüder) unter anderem auch Dr. Günther Jonitz (Ärztekammer Berlin), Fritz Stagge (NAV-Virchow-Bund), Dr. Norbert Metke (KVBW) oder Dr. Wolfgang Wesiack (BDI). Ein auch vom Vorstand der Bundesärztekammer unterstützter Antrag, der für eine Fortsetzung des Projektes plädierte, erhielt keinen Mehrheit.
Konkret heißt es in dem Antrag: „Das politische Projekt ‚elektronische Gesundheitskarte’ ist gescheitert. Der gigantomanische Anspruch, durch eine flächendeckende Elektronifizierung der Patientenversorgung unter der Führung der Krankenkassen sowohl transparente Patienten als auch transparente Ärzte herzustellen, widerspricht elementaren ärztlichen Grundwerten.“
Die Vertraulichkeit der Patientenbeziehung sei genauso durch dieses Projekt bedroht wie die ärztliche Therapiefreiheit. „Der derzeitige Nutzen liegt bei einigen Wenigen, bei Kontrollinteressen von Kassen und Politik und der nach neuen Märkten suchenden Industrie. Der Schaden sowie der Aufwand bleiben bei Versicherten, bei Ärztinnen und Ärzten in Klinik und Praxis und bei medizinischem Personal“, zeigten sich die Delegierten überzeugt.
Aus diesem Grund fordere der 115. Deutsche Ärztetag einen Stopp des Projektes und die Förderung längst existierender kostengünstiger dezentraler Kommunikationswege und Speichermedien in der Medizin. „Die e-GK Tests sind in allen Aspekten gescheitert. Mehrfache Versuche des ‚Neustarts’ ziehen sich seit 6 Jahren hin, haben bisher schon Milliarden verschlungen und verdienen keine weiteren Wiederholungen“, heißt es in der Begründung.
Ein weiterer Antrag zum Thema Datensicherheit betraf die Gesetzesänderung zum Transplantationsgesetz (TPG) durch den Deutschen Bundestag. Die Delegierten verwiesen darauf, dass die gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen dieses Gesetzes ein neues Schreibrecht auf der elektronischen Gesundheitskarte erhalten sollen. „Damit werden die Kostenträger und ihre 140 000 Mitarbeiter rechtlich wie technisch in die Lage versetzt, Einträge zu nicht-administrativen Themen auf der Versichertenkarte vorzunehmen.“ Die geplante Regelung im neuen Transplantationsgesetz komme aber einem datenschutzrechtlichen Dammbruch gleich.
In dem mit großer Mehrheit angenommenen Antrag dazu heißt es „Da völlig unklar bleibt, welche Konsequenzen diese Speicherung inklusive von ‚Schreibrechten’ der Krankenkassen auf dem Kartenchip für ihre Versicherten bei künftigen Gesetzesänderungen nach sich ziehen kann, fordert der 115. Deutsche Ärztetag in Nürnberg von der Politik eine Ablehnung dieser geplanten Gesetzesänderung im Rahmen des Transplantationsgesetzes.
Quelle: änd 25.5.2012
Mittwoch, 18. April 2012
Wir dürfen nicht zu Handlangern der Kassen werden
Informatiker zur e-Card: „Daten sind völlig unsicher“ – eGK-Gegner diskutieren in Berlin
Milliardenkosten, minimaler Nutzen: Wohl kaum ein gesundheitspolitisches Projekt ist so umstritten wie die elektronische Gesundheitskarte (eGK). Nicht nur Ärzte wehren sich gegen das Projekt e-Card, Kritik kommt auch von Patientenvertretern und Datenschützern. Auf Einladung der Initiative „Stoppt die e-Card“ trafen sich am Mittwoch eGK-Gegner zu einer Tagung in Berlin, um über die Risiken und Nebenwirkungen der elektronischen Gesundheitskarte zu diskutieren.
Im Mittelpunkt stand dabei vor allem die Frage nach der Datensicherheit – nicht zuletzt aufgrund des geplanten Online-Versichertenstammdaten-Abgleichs. Sensible Patientendaten sollen hierfür künftig auf zentralen Servern gespeichert werden, sodass alle Arztpraxen und Kliniken Zugang haben.
Referent Prof. Hartmut Pohl, Sprecher des Präsidiumsarbeitskreises „Datenschutz und IT-Sicherheit“ der Gesellschaft für Informatik (GI) formulierte hierzu kurz und knapp: „Die Daten sind völlig unsicher.“ Es gehe nicht um die e-Card als Identifikationsinstrument der Patienten beim Arztbesuch. Entscheidend sei die geplante Speicherung der Gesundheitsdaten von rund 70 Millionen gesetzlich Versicherten auf Internetservern. „Das birgt Risiken“, erklärte Pohl. So gebe es zum Beispiel trotz Verschlüsselung und Pseudonymisierung keine sichere Speicherung von Daten im Internet. Auch eine dezentrale Datenspeicherung sei nicht möglich. „Theoretisch kann jedermann von überall auf der Welt auf die Server zugreifen.“ Weiter wies der Informatiker auf das Risiko hin, dass die Patientendaten, sobald sie universal zugänglich abgespeichert seien, verknüpft werden könnten mit anderen Daten, zum Beispiel Bankdaten.
Sodann legte Pohl auch einen Lösungsvorschlag vor. Zunächst müsse der Patient frei wählen können, ob er seine Gesundheitsdaten im Internet ablegen oder diese selbst speichern wolle, und zwar auf einem portablen Datenträger. „Der Patient sollte seine Daten selbst verwalten können“, forderte der Referent.
Über seine Erfahrungen mit der e-Card in Österreich und allgemein über die dortige Digitalisierung des Gesundheitswesens berichtete der Präsident des österreichischen Hausärzteverbandes, Dr. Christian Euler. Er stellte fest: „e-Health ist ein Wirtschaftszweig, durch den sich die Investoren mehr erhoffen dürfen als die Patienten.“ Der Referent nannte das System der eGK eine „als Fortschritt getarnte Entsolidarisierung und Diskriminierung“. Ärzte in Österreich würden durch die e-Card bevormundet. So könnten sie einen Patienten zum Beispiel nicht mehr selbstständig krankschreiben, sondern müssten auf elektronischem Weg erst auf eine Bewilligung der jeweiligen Krankenkasse warten. „Mit den elektronischen Anwendungen zwingen uns die Kassen, ihre Verbündeten zu werden und locken uns weg vom Patienten“, sagte Euler. Insgesamt sei e-Health für die österreichischen Ärzte eine Verlustrechnung.
Die Risiken der eGK aus Sicht der Versicherten erläuterte Patientenvertreterin Gabi Thiess aus Hamburg. Auch sie warnte davor, sensible Krankheitsdaten zentral zu speichern. „Ich kann zwar den Arzt wechseln, aber die Daten bleiben immer erhalten, wenn sie einmal abgespeichert sind.“ Dies könne etwa zu falschen Diagnosestellungen oder unterlassenen Untersuchungen führen, wenn die Ärzte sich nur an den schon erfassten Daten orientieren würden, erklärte Thiess. „Ich jedenfalls werde die Karte nicht benutzen und das notfalls vor Gericht durchsetzen.“
Für die Medizinischen Fachangestellten (MFA) sprach Hannelore König vom Verband der MFA. Ihre Berufsgruppe stehe der eGK mit großer Skepsis gegenüber. „Wir stellen uns gerne den modernen technischen Herausforderungen, fordern aber auch, dass der Datenschutz gewahrt wird.“ Vor allem aber würden die Medizinischen Fachangestellten erwarten, „dass wir gehört werden und unser Wissen und unsere Erfahrungen einbringen können, denn schließlich sind wir diejenigen, die mit der Karte umgehen müssen“.
Als eine „elektronische Entblößungskarte“ bezeichnete Prof. Paul Unschuld von der Charité Berlin die eGK. „Sie ist wie ein Nacktscanner für den gesamten menschlichen Organismus.“ Für bestimmte Interessengruppen, etwa die Industrie, die Politik und die Kassen, erfülle die e-Card eine praktische Funktion. Der Medizinhistoriker zitierte aus seinem Buch „Ware Gesundheit“. Darin schreibt er, dass zentral gespeicherte und verwaltete Patientendaten einen ökonomischen und politischen Zweck erfüllen würden. „Die ökonomischen Nutznießer können diese Daten auswerten, um das pharmazeutische Marketing zu optimieren; die politischen Nutznießer erhalten mit diesen Daten ein bislang nicht gekanntes Machtmittel, das die Steuerung der Gesellschaft über die Schwächen eines jeden einzelnen Menschen erlaubt.“ Die eGK sei ein kleiner Aspekt für bestimmte Gesellschaftsgruppen, um das bisherige Gefüge von Arzt und Patient in neue Strukturen zu drängen und mehr Kontrolle auszuüben.
„Von uns Ärzten ist jetzt ziviler Ungehorsam gegen das Projekt e-Card gefragt, wir dürfen uns nicht kaufen lassen“, appellierte Dr. Silke Lüder, Sprecherin der Aktion „Stoppt die e-Card“, abschließend an die Kollegen im Plenum. „Wir dürfen nicht zu Handlangern der Kassen werden.“
Mit freundlicher Genehmigung von Facharzt.de.
Weitere Meldungen:
Bericht im Deutschen Ärzteblatt
Ausführlicher Bericht beim Schattenblick
KBV: Ärzte nicht zum Abgleich von Versichertendaten der eGK verpflichten
Grußwort von Dr. Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin
Das System e-Card - Wolfgang Linder kritisiert mangelnden Datenschutz
Beschluss der KBV: Ablehnung der Implementierung eines Online-Versichertenstammdatenmanagements (pdf)
Dienstag, 13. März 2012
Umfrage: Wie kommen die Fotos auf die "Gesundheitskarte"?
In der letzten Zeit schlagen bei mir vermehrt Berichte darüber auf, dass der Eine oder die Andere sich wundert, wie sein/ihr Foto auf die nagelneue "Gesundheitskarte" kommt, obwohl gar keins an die Krankenkasse geschickt worden sei.
Gerüchte machen die Runde: manche glauben, sie würden heimlich in Arztpraxen oder Altenheimen fotografiert, oder Facebook-Profile würden abgegrast.
Was ist an diesen Gerüchten dran? Schicken Sie uns Ihre Eindrücke. Wir sammeln und werten dann aus. Vielen Dank!
Dienstag, 14. Februar 2012
„Alles auf eine Karte?“ – Die elektronische Gesundheitskarte in der Diskussion
Ein Bericht über das Fachgespräch zu elektronischen "Gesundheitskarte", das auf Einladung der Fraktion DIE LINKE am 10.2.2012 im Bundestag stattfand, ist jetzt online. Mit dabei: Silke Lüder und Kai-Uwe Steffens vom Bündnis Stoppt die e-Card.
Weitere Informationen auch im Hippokranet.
Mittwoch, 25. Januar 2012
In eigener Sache
Es ist sehr erfreulich, dass sich in den letzten Monaten so viele Besucher für unsere Seiten interessiert haben:
Weniger erfreulich ist aber, dass der Server dabei zunehmend in die Knie gegangen ist, und dass die Seite immer langsamer wurde. Ich habe daher einige Skripte deaktiviert und das Template geändert. Dadurch lädt die Seite jetzt wieder etwas schneller.
Dennoch werden Sie an manchen Tagen etwas Geduld mit uns haben müssen, und ich bitte Sie dafür um Verständnis. Bedenken Sie aber eins: Wenn Sie beim Lesen unserer Informationen etwas mehr Zeit brauchen, als Sie eigentlich wollten, dann ist das vielleicht unbequem.
Wenn Sie aber künftig beim Arzt noch länger auf einen Termin warten müssen, weil die Verbindung zum Versichertenstammdatendienst mal wieder laggt, dann schadet das potenziell Ihrer Gesundheit.
Edit 27.1.2012: Nachdem die Technik von domaingo die Servereinstellungen optimiert hat, und nachdem ich einige übergroße Tabellen in der Datenbank bereinigt habe, sollte die Geschwindigkeit jetzt wieder stimmen.
Mittwoch, 21. Dezember 2011
Die neue elektronische Gesundheitskarte - Kann nichts, ist aber hochinfektiös
Nun wird sie also ausgegeben, die elektronische Gesundheitskarte (eGK). Was hat man nicht alles versprochen: Elektronisches Rezept. Bessere Hilfe im Notfall. Schnellere Arztbriefe. Elektronische Patientenakte. Vermeidung von Doppeluntersuchungen. Kostensenkung. Verhinderung von Sozial-Missbrauch. Und höchste Datensicherheit.
Was bietet die neue Karte: Die Versichertenstammdaten – wie bisher. Auf der Rückseite die europäische Versichertenkarte – wie bisher. Nur der integrierte Chip ist sehr viel leistungsfähiger.
Doch die Pläne sind unverändert. Ziel dieses gigantischen Projekts eGK ist nach Auskunft der Bundesregierung die elektronische Patientenakte, also eine Datei mit den medizinischen Daten aller 80 Millionen Bundesbürger. Gemeint sind hier nicht die digitalisierten Fallakten, wie sie bereits heute in den Praxen und Kliniken – von außen unzugänglich – existieren, gemeint ist eine vernetzte Akte über jeden Bürger mit deutschlandweiter Zugriffsmöglichkeit. Eine solche Datei würde alles enthalten, was der Arzt erfährt: Krankheiten, Kontakte, Beschwerden und Beeinträchtigungen, intime Angelegenheiten, Befunde, Konflikte, Behandlungen, Medikamente, Diagnosen, Krankenhausaufenthalte, Begutachtungen, Arbeitsunfähigkeiten, berufliche Tätigkeiten, andere Lebensumstände, Adressen, Telefonnummern und andere Kontaktdaten. Die Karte ist nur der Zugang, ein Schlüssel zur elektronischen Akte.
Was hat es da mit dem Datenschutz auf sich? „Die Karte ist sicher. Ein Zugriff ist nur möglich, wenn gleichzeitig die eGK und der eArztausweis, (der noch kommen soll) gesteckt sind und der Versicherte seine PIN eingibt. Der Versicherte kann sein informationelles Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen, indem er dann bestimmt, wem er welche Daten zugänglich macht.“ sagen, verkürzt dargestellt, die Entwickler und Verfechter des Systems.
Für ein Bankschließfach mag das ausreichen. Für die Medizin aber ist ein solches System völlig ungeeignet:
"Die neue elektronische Gesundheitskarte - Kann..." vollständig lesen »Mittwoch, 14. Dezember 2011
"Nein zur Elektronischen Gesundheitskarte" - leicht gemacht
Der unabhängige Datenschutz-Verein FoeBuD e.V., Gründungsmitglied der Aktion „Stoppt die e-Card“, hat ein professionelles Paket mit Informationsmaterialien für Patientinnen und Patienten bereit gestellt.
Das Paket kann direkt beim FoeBuD bestellt werden. Im Grundpaket erhält man einen Aufsteller für das Wartezimmer oder die Anmeldung, 300 Flyer zur kritischen Information und 2 A1 und 2 A4-Plakate Plakate zum Gesamtpreis von 30 €.
Mit dem Inhalt dieses Pakets können Sie in Ihrer Praxis oder Apotheke oder in Ihrer Verbraucherzentrale schnell und unkompliziert über die Risiken und Nebenwirkungen der eGK informieren.
Bestellen im FoeBuD-Shop: https://www.foebud.org/egk-paket
Weitere Infos finden sich unter https://www.foebud.org/egk-info
Mittwoch, 26. Oktober 2011
Das Mitwisserprojekt
Liebe Leserin, lieber Leser,
als Mutter von 5 Kindern und im Krankheitsfall als Patientin, stelle ich nach ausführlicher Recherche fest, dass die neue elektronische Gesundheitskarte einen großen Schritt in Richtung einer Entwicklung zu einer inhumaneren Gesellschaft darstellt. Die vorgesehene Speicherung unserer Patientendaten auf der Karte und vor allem auf zentralen Speichern im Internet macht uns alle zu "Gläsernen Patienten".
Richtig schlimm ist aber die zukünftige Abfrage oder die evtl. illegale Verwendung unserer Patientendaten, bzw. die unserer Kinder, wenn wir mit unseren Anliegen bei Versicherungen, Banken, Arbeitgebern, usw. vorstellig werden. Bei entsprechenden durchgemachten Erkrankungen oder Gesundheitsschäden brauche ich nicht weiter ausführen, was das zur Folge hat.
Die Freiwilligkeit der Verwendung unserer persönlichen Daten wird z. Zt. zwar beteuert, aber damit ist es schnell vorbei, wenn es heißt:
Die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Leistungen (Behandlung, Versicherung, Bankkredit, usw.) ist die "freiwillige" und lückenlose Preisgabe der Behandlungsdaten oder:
Da Sie uns Ihre Daten nicht freiwillig zur Verfügung stellen, müssen wir davon ausgehen, dass Sie etwas zu verbergen haben. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir unter diesen Umständen nicht bereit sind, das Risiko einzugehen.
Der zweite große Schritt in Richtung einer inhumaneren Gesellschaft wird die geplante Abschaffung der freien Praxen sein, das erklärte Ziel von "diesem Professor aus Köln". Inhuman, weil dann mit Errichtung sog. Versorgungszentren, die Anreise für die Patienten "höchstens" 90 Minuten betragen soll (Aussage eines Managers der Rhön-Kliniken, wo dieser "Professor aus Köln" Aufsichtsratsmitglied ist). Nun stellen Sie sich bitte sich selbst (evtl. mit kleinen Kindern) oder Ihre evtl. gehbehinderten diabetischen Eltern, Großeltern vor bei diesen Bedingungen und darüber hinaus mit ständig wechselnden, nicht frei wählbaren Behandlern.
Aber für die Information über Ihre gesundheitliche Verfassung gibt es ja dann die neue eGK.
Täglich gibt es Berichte über Datenmissbrauch/-Diebstahl. Fallen Sie bloß nicht auf die Verdummungsparole herein, zu gegebener Zeit hätte man eine "Wunderwaffe" parat, die die Patientendaten absolut schützt. Was einmal im Netz ist, bleibt im Netz und selbst gelöschte Daten können wieder hergestellt werden.
Haben Sie sich eigentlich noch nicht gefragt, warum Sie bisher über so ein wichtiges Thema so wenig oder nichts in den Medien erfahren haben?
Könnte es sein, dass die Mehrzahl der größten Medien bereits in den Händen von wenigen großen Konzernen ist? Und dass sich genau diese Medien aus Gründen von zurückgehenden Profiten bei den Printmedien das Geschäftsmodell mit der elektronischen Gesundheitskarte mit ihrer Infrastruktur als neue Geldquelle ausgedacht haben? Diese Gelder werden mittelbar von Ihren Krankenkassenbeiträgen weggenommen, die von Ihnen doch sicher nur für Ihre medizinische Versorgung gedacht waren.
Hallo Konzerne! Wir wollen nicht, dass Teile unserer Krankenkassenbeiträge zugunsten von Euch geschmälert werden. Verdient Euer Geld gefälligst mit guten Produkten, die den Menschen mehr nützen als schaden und die so gut sind, dass sie freiwillig gerne gekauft werden (z.B. auch im Ausland) und nicht mit Hilfe von Geschäftsmodellen, die evtl. über Gesetze von Politikern in den Markt gepresst werden, nur um die Bevölkerung des eigenen Landes auzunehmen, so dass die Gelder für eine gute medizinische Behandlung fehlen.
Wir wollen keine shareholder-value Gesundheitszentren, mit für ältere Menschen unzumutbar langer Anreise und ständig wechselnden, nicht frei wählbaren Behandlern.
Wir wollen nicht zum "Gläsernen Patienten" werden.
Wir fordern den Schutz der Privatsphäre und das Recht zur informationellen Selbstbestimmung (einklagbar vor dem EGMR) für uns und vor allem unsere Kinder.
Wir sind gegen die Abschaffung der ärztlichen Schweigepflicht.
Dr. med.dent. Sylvia Boller
25.9.2011
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin