„Die staatlich geplante Datensammelwut wird zu Datenskandalen führen, gegen die die derzeitige Wikileaks-Affäre nur ein schwaches Rauschen im Blätterwald ist“, warnt die Hamburger Ärztin Dr. Silke Lüder. „Heute sind es die geheimen Regierungsdaten, morgen werden es ärztliche Diagnosen sein, die durch ‚Binnentäter’ lanciert an die Öffentlichkeit kommen werden. Vom Nordkap bis Feuerland weiß dann jeder alles über Ihre Krebserkrankung, die durchgemachte Depression oder noch Intimeres“, sagt die Sprecherin der bundesweiten Bürgerinitiative “Stoppt die e- Card“.
Die „elektronische Gesundheitskarte“ ist geplant als Schlüssel für ein bundesweites Datennetz für Krankheitsdaten, auf das Millionen Menschen Zugriff haben werden. „Warum soll ausgerechnet ein von Krankenkassen und privaten IT- Firmen aufgebautes Datennetz bei der elektronischen Gesundheitskarte sicherer sein als ein geheimes Intranet der US- Regierung?“, fragt der Datenspezialist Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in Hamburg.
„Im Übrigen sind alle Tests bisher gescheitert und die Kosten gehen schon im Vorwege in die Milliarden. Wir empfehlen der Bundesregierung, das Projekt trotz aller Industrieinteressen sofort auf Eis zu legen“, fordert der Frankfurter Arzt und Psychotherapeut Matthias Jochheim, Vorstandsmitglied von IPPNW (Ärzte in sozialer Verantwortung).
„Die Privatsphäre der Bürger muss geschützt werden. Die sensibelsten und intimsten Daten eines Menschen sind seine Gesundheits- und Sozialdaten. Diese gehören nur in die Hände des behandelnden Arztes oder des Patienten selbst. Nur dort sind sie sicher. Krankheitsdatenberge im Internet sind niemals zu schützen. Wir fordern, das Projekt für immer zu beerdigen“ sagt auch die Patientenvertreterin Gabi Thiess.
Aktion „Stoppt die e-Card“
Die Aktion „Stoppt die e-Card“ wird getragen von der „Freien Ärzteschaft“, IPPNW, „Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung“, Chaos Computer Club, NAV Virchowbund, Deutsche AIDS- Hilfe, Bundesarbeitsgemeinschaft PatientInnenstellen (BAGP) und 40 weiteren Organisationen.
Ansprechpartnerin für die Presse: Dr. Silke Lüder, Tel 02104-1385975
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Artikel mit Tag pressemitteilungen
Donnerstag, 2. Dezember 2010
Wikileaks zeigt: Auch Gesundheitsdaten im Internet nicht zu schützen – e-Card stoppen!
Donnerstag, 11. November 2010
Zwang zur Gesundheitskarte
Die Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) kritisieren die von der Regierung geplanten Zwangsmaßnahmen zur Einführung der Gesundheitskarte. Im Bundestag soll morgen über einen Antrag der Regierungsfraktionen zur Gesundheitsreform abgestimmt werden. Danach sollen Praxisärzte bei Androhung eines kompletten Honorarverlusts künftig gezwungen werden, ihre Praxen an zentrale Computerstrukturen anzuschließen. Das schließt sensible Patientendaten mit ein.
„Wir Ärzte lehnen die Elektronische Gesundheitskarte ab, weil sie das Arzt-Patienten-Verhältnis durch Preisgabe der Vertraulichkeit gefährdet. Drei Ärztetage haben die Einführung der E-Card in den letzten Jahren abgelehnt. Zudem stößt die neue Gesundheitskarte auch in der Bevölkerung auf breiten Widerstand“, kritisiert Matthias Jochheim, stellvertretender Vorsitzender der IPPNW.
Den Antrag von Schwarz-Gelb sieht zudem vor, Krankenkassen, die bis Ende 2011 10 % ihrer Versicherten noch nicht mit der neuen elektronischen „Gesundheitskarte“ ausgestattet haben, mit Entzug von 2 % ihrer Verwaltungskosten finanziell abzustrafen. „Vor der Bundestagswahl hatte die FDP sich gegen die Elektronische Gesundheitskarte ausgesprochen. Nun verraten die Liberalen zugunsten der IT-Industrie das Interesse von Patienten und Ärzten und geben die ärztliche Schweigepflicht preis“, so Jochheim.
Die IPPNW fordert eine Modernisierung der medizinischen Kommunikation ohne zentrale Datenspeicherung, die wissenschaftlichen und ethischen Normen entspricht. Die 15 Milliarden Euro, die bei einem endgültigen Stopp des E-Card-Projektes eingespart werden könnten, könnten zum Wohle der Patientenversorgung genutzt werden.
Pressekontakt: Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung, Körtestr. 10, 10967 Berlin, www.ippnw.de, Angelika Wilmen, Tel. 030 – 69 80 74 15, Email: wilmen[at]ippnw.de
IPPNW.DE | Presse 2010
PROJEKT „E-CARD 21“: ZWANGSEINFÜHRUNG DURCH DIE HINTERTÜRE
Durch einen kurzfristigen Änderungsantrag zum GKV-Finanzierungsgesetz soll jede Krankenkasse unter Androhung einer saftigen Strafzahlung dazu verpflichtet werden, bis Ende 2011 mindestens 10 Prozent ihrer Versicherten mit der elektronischen Gesundheitskarte auszustatten.
„Hier soll im Hauruck-Verfahren und durch die Hintertüre eine Technik eingeführt werden, für die immer noch keine valide Kosten-Nutzen-Rechnung vorliegt, die nicht ausreichend getestet wurde und für die funktionierende Alternativen gar nicht erst in Betracht gezogen wurden. Dies wird von uns, dem NAV-Virchow-Bund, nicht gerade als vertrauensbildende Maßnahme empfunden“, erklärt der stellvertretende Bundesvorsitzende Dr. Klaus Bogner.
Die Ausübung von Druck und Zwang im sensiblen Bereich der Speicherung persönlicher Daten werde der Durchsetzung telematischer Anwendungen im Gesundheitswesen nicht förderlich sein. „Die ablehnende Haltung des NAV-Virchow-Bundes, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, und die ablehnenden Voten der letzten Deutschen Ärztetage sprechen eine klare Sprache“, so Dr. Bogner. Nun werde die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sogar von den vermeintlichen Nutznießern, den Krankenkassen, nicht mehr vorbehaltlos befürwortet.
„Wir appellieren eindringlich an die Bundesregierung und den Gesundheitsausschuss des Bundestages, diesen berechtigten Forderungen Raum zu geben und auf die überstürzte und zwangsweise Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zu verzichten. Nicht nur wir Ärztinnen und Ärzte, sondern auch unsere Patienten und die Versicherten erwarten, dass unsere politischen Mandatsträger unser Vertrauen in solch wichtigen Fragen nicht aufs Spiel setzen. Sonst entsteht schnell ein Projekt ‚E-Card 21‘, bei dem der Staat wieder einen Plan mit Gewalt durchsetzt, der bei Betroffenen und Akteuren auf massiven Widerstand stößt.“
NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands
Leiter der Pressestelle: Klaus Greppmeir
Pressereferentin: Julia Bathelt
Bundesgeschäftsstelle Berlin
Chausseestraße 119b, 10115 Berlin
Telefon (030) 28 87 74-0, Fax (030) 28 87 74-15,
Email: presse@nav-virchowbund.de
NAV Virchow-Bund Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands
Dienstag, 9. November 2010
Grauduszus: „Geschäftsgrundlage für eCard-Abstimmung entfällt!“
Lammerts Warnung vor überhasteter Gesetzgebung ernst nehmen
ERKRATH – „ Schon in der laufenden Bundestags-Sitzungswoche können sich die Abgeordneten die ernste Mahnung von Bundestagspräsident Lammert vor überhasteten Gesetzgebungsverfahren zu eigen machen und den kurzfristig noch eingebrachten Entwurf zu gesetzlichen Bestimmungen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eCard) nicht abstimmen.“ Für Martin Grauduszus, Präsident der ‚Freien Ärzteschaft’ (FÄ), wäre es „ein überfälliger Beweis von politischer Korrektheit unserer Abgeordneten“, wenn sie Lammerts Aufforderung nachkämen. Dieser hatte die Bundestagsabgeordneten aufgefordert, sich „mehr Zeit bei der Gesetzesberatung zu nehmen.“
Die „Absurdität des parlamentarischen Schweinsgalopps“ werde im Fall der eCard umso deutlicher, als fast alle von diesem Projekt betroffenen gesellschaftlichen Gruppen – „von Ärzten, Patienten, Versicherten bis hin zur Bundesärztekammer, den Krankenkassen und sogar mittelständischen Unternehmen der IT-Branche“ – der eCard eine eindeutige Absage erteilt hätten, unterstrich Grauduszus.
Daran ändere auch die Aussage von Stefan Kapferer, beamteter Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium nichts, dass ein modernes Gesundheitswesen angeblich die eCard brauche. Für den FÄ-Präsidenten ist dies „die bedauerliche Realitätsferne eines Spitzenbeamten, der die breite gesellschaftliche Ablehnungsfront ebenso negiert wie die Tatsache, dass alle Testläufe zu diesem – auch finanziell – gigantischen Datenschnüffel-Projekt grandios gescheitert sind.“
Insofern entfalle jegliche Geschäftsgrundlage für ein überhastetes Gesetzgebungsverfahren zur eCard. „Die Warnung ihres Präsidenten vor Hauruck-Verfahren bei der Gesetzgebung sollten die Bundestagsabgeordneten ernsthaft reflektieren, bevor sie sich in ihrem Abstimmungsverhalten an realitätsfernen und sachfremden Erklärungen von Spitzenbeamten orientieren“, resümierte Grauduszus.
Für Rückfragen: Peter Orthen-Rahner, Pressesprecher, 0173 – 6017351
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Donnerstag, 4. November 2010
Bundesregierung planiert den Weg zur Datenschnüffelei in Arztpraxen
Freie Ärzteschaft, Pressemitteilung: Grauduszus: „Der Handstreich regiert die Gesundheits-Gesetzgebung“
ERKRATH – „Handstreichartig wird die Regierungskoalition in der kommenden Woche mit einem Änderungsantrag zum GKV-Finanzierungsgesetz, der erst heute den Fraktionen zugeleitet wird, den Weg zur elektronischen Gesundheitskarte (eCard) und damit zur Datenschnüffelei im Patient-Arzt-Verhältnis weiter planieren!“ Martin Grauduszus, Präsident der ‚Freien Ärzteschaft’ (FÄ), reagiert damit auf die Absicht der Bundesregierung, die Krankenkassen gesetzlich und unter Androhung von finanziellen Sanktionen zu verpflichten, bis Ende 2011 wenigstens zehn Prozent ihrer Versicherten mit der eCard auszustatten.
Für den FÄ-Präsidenten setzt sich damit eine bedenkliche Einwicklung fort: schon im vergangenen Juni seien die niedergelassenen Ärzte ebenso handstreichartig und unter Androhung von komplettem Honorarverlust gesetzlich verpflichtet worden, ihre Praxen an zentrale Computerstrukturen mit Datenspeicherung von sensiblen Patientendaten anzuschließen und so als Online-Patientenkontrollstelle der Krankenkassen zu fungieren.
„An der langen Lobby-Leine lenken die IT-Konzerne die Gesetzgebung in die gewünschte profitorientierte Branchen-Richtung“, konstatiert Grauduszus. Dabei sei das aus Versichertenbeiträgen finanzierte milliardenschwere Projekt eCard technisch überhaupt nicht ausgereift und die gesetzlich vorgeschriebenen Testreihen seien entweder aufgrund technischer Probleme abgebrochen oder noch gar nicht erst begonnen worden: „Das alles scheint den Gesetzgeber ebenso wenig zu interessieren wie die breite Ablehnungsfront von Ärzten, Versicherten und Patienten!“
Grauduszus erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass Spitzenvertreter der deutschen Ärzteschaft – wie etwa Bundesärztekammer-Vizepräsident Montgomery – in jüngster Vergangenheit mehrfach betont hätten, die eCard käme nicht: „Umso mehr sind unsere Spitzenleute jetzt gefordert, gestützt von den Beschlüssen dreier Deutscher Ärztetage sowie vieler Entschließungen von Landesärztekammern und Landes-KVen gegen die eCard eindeutig, unüberhörbar und konsequent Position gegen diese merkwürdige Art von Gesetzgebungsverfahren zu beziehen.“
Für Rückfragen: Peter Orthen-Rahner, Pressesprecher, 0173 – 6017351
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Schwarz-gelbe Regierungskoalition erzwingt Einführung der „Elektronischen Gesundheitskarte“ im „GKV-Finanzierungsgesetz“
Politisches Vorgehen kommt einer Erpressung gegenüber Krankenkassen und Ärzten gleich.
Wenn es noch eines Beweises der Lobbypolitik von CDU/CSU und FDP im Interesse der IT Konzerne in Deutschland bedurft hat, hier ist er:
Schwarz- Gelb hat schon im Juni 2010 klammheimlich während der Fußball WM ein neues Gesetz abstimmen lassen. Die Praxisärzte werden bei Androhung von komplettem Honorarverlust im Falle der e- Card Verweigerung künftig gezwungen, ihre Praxen an zentrale Computerstrukturen mit Datenspeicherung von sensiblen Daten wie „ Patientin nimmt am Chronikerprogramm für Brustkrebs teil“ anzuschließen und sich unter dem Deckmantel des Kampfes gegen angeblich „betrügerische Versicherte“ in Online-Patientenkontrollstellen für die Krankenkassen zu verwandeln. Dieses lehnt die Ärzteschaft aus Gründen der Schweigepflicht ab. Ebenso eine große Anzahl von unabhängigen Patientenverbänden und Datenschutzorganisationen.
Nun erfolgt im neuen „ GKV Finanzierungsgesetz“ ein neuer Schritt der forcierten Einführung des e- Card Projektes durch die Bundesregierung. Im Zuge der Sparmaßnahmen sollen die Verwaltungskosten der Kassen eingefroren werden.
Einzige Ausnahme: Die geplanten Ausgaben der Kassen für die elektronische Gesundheitskarte. Jetzt kommt in einem bisher nicht bekannten neuen Änderungsantrag der Regierungsfraktion für die Abstimmung des neuen Gesetzes in der nächsten Woche im Bundestag ein weiteres Druckmittel hinzu.
Krankenkassen, die bis Ende 2011 10 % ihrer Versicherten mit der neuen teuren elektronischen „ Krankheitskarte“ noch nicht ausgestattet haben werden auf Vorschlag der Regierungskoalition mit Entzug von 2 % ihrer Verwaltungskosten finanziell abgestraft.
Die Politik macht Druck. Die e- Card sollte seit 1.1.2006 jeder Bürger im Portemonnaie haben. Sie ist jetzt immer noch nicht da. Das ganze Projekt ist in den bisherigen kostspieligen Tests grandios gescheitert. Es ist zu befürchten, dass mit einem Milliardeneinsatz keines der versprochenen Ziele (Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung) erreicht werden wird. Im Gegenteil. Das Projekt ist unsinnig, teuer und gefährlich.
Dieses top- down geplante Großprojekt scheint zu scheitern, genau wie andere Mammutprojekte der Regierenden in Zusammenarbeit mit der interessierten Industrie.
Dieser Druck auf die zögerlichen Krankenkassen kommt einer Erpressung gleich. Viele Kassen scheinen im Gegensatz zu den wenigen immer wieder zitierten „Großkassenprotagonisten“ selbst nicht mehr von einem Projekt überzeugt zu sein, welches nach Aussagen des gematik Sprechers bis zu 14 Milliarden Euro kosten wird.
Der Schätzerkreis für die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen hat für 2010 immerhin knapp eine halbe Milliarde Euro für die Einführung des Pleitenprojektes e- Card eingeplant. Allen angeblichen Sparbemühungen zum Trotz wird also ein Teil des Anstiegs der Versicherungsbeiträge in 2011 der e- Card Einführung anzulasten sein.
Der Deutsche Bundestag ist am 11. und 12.November aufgefordert, dieser „kleinen“ Gesetzesänderung mit großen negativen Folgen für die Datensicherheit der sensiblen Medizindaten nicht zuzustimmen.
Dr. Silke Lüder
Sprecherin der Aktion „ Stoppt die e Card“
Dienstag, 14. September 2010
Grauduszus: „Absolutes eCard-Moratorium bis zur Gerichtsentscheidung“
BERLIN – „Solange die Gerichte nicht entschieden haben, müssen Politik und Krankenkassen jegliche weitere Aktivitäten bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eCard) einstellen.“ Vor dem Hintergrund eines anhängigen Verfahrens gegen die eCard vor dem Sozialgericht Düsseldorf forderte Martin Grauduszus, Präsident der ‚Freien Ärzteschaft’ (FÄ), auf der Demonstration „Freiheit statt Angst“ des ‚Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung’ in Berlin ein „absolutes Moratorium bei diesem Projekt staatlicher Datengier.“
Vor über zehntausend Demonstranten machte Grauduszus deutlich, dass mit der geplanten eCard „nach dem erklärten Willen von Staatsgewalt und obrigkeitshörigen Krankenkassen das unverzichtbare Bollwerk der ärztlichen Schweigepflicht und das Ur-Vertrauen im Patienten-Arzt-Verhältnis sturmreif geschossen werden soll.“
Die mit der Einführung der eCard ebenfalls geplante Zusammenführung und Speicherung der Patientendaten auf externen Servern führe unausweichlich zum gläsernen Patienten – für den FÄ-Präsidenten eine „Vorratsdatenspeicherung in verwerflichster Reinkultur.“
Die angeblich unantastbare Würde des Menschen liege „auf dem Seziertisch der Datenschnüffelei zur allfälligen Selbstbedienung“, so Grauduszus. Der gläserne Patient verkomme zur Verfügungsmasse von Behörden, Versicherungen und ausschließlich profitorientierter Gesundheitsindustrie.
Deshalb sei ein Stopp jeglicher weiterer eCard-Aktivitäten bis zur Entscheidung der Gerichte unumgänglich, untermauerte Grauduszus seinen Appell an Bundeskanzlerin Merkel, „die zuständigen Minister anzuweisen, nicht in das schwebende Verfahren gegen die eCard einzugreifen und jeglichen Aktionismus einzustellen.“
Für Rückfragen: Peter Orthen-Rahner, Pressesprecher, 0173 – 6017351
Freie-Aerzteschaft.de [ Freie Ärzteschaft->Aktuell->11.09.2010, Infos + Photos + Pressemeldung: Groß-Demo „Freiheit statt Angst“ in Berlin ]
Downloads:
Die Rede von Martin Grauduszus
Der Flyer der Freien Ärzteschaft
Freitag, 3. September 2010
Erster Prozess gegen Elektronische Gesundheitskarte
Versicherter will mündliche Verhandlung. Termin erst 2011?
Am vergangenen Donnerstag, dem 26.08.2010 begann in Düsseldorf der erste Prozess eines Versicherten gegen die Elektronische Gesundheitskarte (E-Card), mit einem nicht öffentlichen Erörterungstermin. Der 30-jährige Sven S. aus Wuppertal klagt gegen die Bergische Krankenkasse, Solingen. Die Krankenkasse wollte ihn verpflichten, die E-Card zu benutzen. Dagegen wehrt er sich vor Gericht. Viele Medien berichteten über den Prozess. Regionalzeitungen und Ärztezeitungen ausführlich, Welt, Süddeutsche, Bild mit ein paar Zeilen.
Das Gericht, die 9. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf, hat alle öffentlichen Verhandlungstermine in diesem Jahr schon vergeben. Eine öffentliche Verhandlung kann es erst 2011 geben. Der Kläger wurde vor die Alternative gestellt, auf die mündliche Verhandlung zu verzichten, um eine schnelle Entscheidung im schriftlichen Verfahren zu erhalten. Oder auf eine öffentliche, mündliche Verhandlung zu bestehen. Er hat sich für die Verhandlung entschieden.
Der Anwalt des Klägers, der Hamburger Rechtsanwalt und IT-Berater Jan Kuhlmann, erläutert: "Wir wollen vor allem über den Stammdaten-Abgleich mit der E-Card reden, der erst seit vier Wochen im Gesetz steht. Die neue Vorschrift (§ 291 Abs. 2 b SGB V.) wurde im Termin nicht angesprochen. Auch das elektronische Rezept haben wir noch nicht ausreichend behandelt. Beides sind Pflicht-Anwendungen mit erheblichen Datenschutz-Problemen."
Der Anwalt und sein Mandant hoffen, dass ihr Prozess nicht der einzige bleibt. Jeder, der eine E-Card erhalten soll, kann dasselbe tun, wie Sven S. Auf den Internet-Seiten des Vereins "Freie Liste Mueller" findet man eine Anleitung "Mit Widerspruch und Klage gegen die Elektronische Gesundheitskarte".
Ausführliche Informationen über den Hintergrund des jetzigen Verfahrens und die Verhandlung hat der Anwalt dort veröffentlicht.
Bei Rückfragen: Jan Kuhlmann, Telefon 040 45 03 96 66.
Mittwoch, 25. August 2010
Bundesweit erstes Verfahren gegen die eCard
SOLINGEN – „Die Justiz hat der Politik immer mal wieder den richtigen Weg weisen müssen; es wäre wünschenswert, dass dies auch im Fall der elektronischen Gesundheitskarte (eCard) geschieht.“ Am Vortag des bundesweit ersten Verfahrens gegen die elektronische Gesundheitskarte vor dem Sozialgericht Düsseldorf verdeutlichte Martin Grauduszus, Präsident der ‚Freien Ärzteschaft’ (FÄ), in Solingen, noch einmal die schwerwiegenden Bedenken von Ärzten, Patienten, Datenschützern und Bürgerrechtlern gegen die eCard.
Solingen ist Standort der beklagten „Bergischen Krankenkasse“, Kläger ist ein Mitglied dieser Kasse aus Wuppertal.
Die neue Versichertenkarte werde, so der FÄ-Präsident, „der Zugangsschlüssel für ein zentrales Datennetz, in dem nach den Planungen von Politik und Krankenkassen sensible Krankheitsdaten aller Patienten gespeichert werden sollen.“ Dieses Projekt öffne dem Datenmissbrauch Tür und Tor und hebele die ärztliche Schweigepflicht aus: „Das hohe Gut der absoluten Vertraulichkeit im Verhältnis von Patient und Arzt wird unwiederbringlich zerstört.“
Die Krankheits- und Behandlungsdaten des Patienten dürften nur beim Arzt seines Vertrauens gespeichert werden „und eben nicht auf den geplanten externen zentralen Servern, auf die sich letztlich auch Unbefugte nur allzu leicht Zugriff verschaffen können.“
Das habe, kritisierte Grauduszus, im Bundestagswahlkampf auch die FDP so gesehen und die eCard abgelehnt: „Kaum jedoch in der Regierungsverantwortung, wird das Projekt weiter verfolgt – obwohl unter anderem schon allein die verpflichtenden technischen Probeläufe in sieben Testregionen – darunter die Region Bochum/Essen - entweder bereits gescheitert oder noch gar nicht durchgeführt worden sind.“ Hier sei Bundesgesundheitsminister Rösler gefordert, sich auf FDP-Positionen vor der Wahl zu besinnen und das Projekt unverzüglich zu stoppen: „Vielleicht kann hier ein entsprechender Hinweis von Gerichtsseite ja hilfreich sein!“
Bundesweit erstes Verfahren gegen die eCard
Ziel ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
Das Projekt „elektronische Gesundheitskarte“ ist seit Jahren umstritten und wird von Bürgerrechtlern, Datenschützern, Ärzten und Patienten wegen der Pläne zur zentralen Datenspeicherung von sensiblen Krankheitsdaten scharf kritisiert.
Trotz dieser bundesweiten Kritik, trotz katastrophaler Testergebnisse in sieben Testregionen – darunter in der Region Bochum/Essen – und trotz mehrerer ablehnender Beschlüsse auf „Deutschen Ärztetagen“ wird der „Rollout“ der neuen Karten in der Region Nordrhein fortgesetzt.
Ein Versicherter der „Bergischen Krankenkasse“ wurde Anfang 2009 aufgefordert, für diese neue Versichertenkarte ein Passfoto einzuschicken. Er weigerte sich und erklärte, er sei nicht bereit, die neue Chipkarte zu benutzen.
In seiner Klage beruft sich der Versicherte auf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, geschützt durch Artikel 2 des Grundgesetzes; seine Behandlungsdaten dürften nur beim Arzt seines Vertrauens gespeichert werden.
Der Versicherte verlangt, dass das Sozialgericht Düsseldorf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nach Artikel 100 des Grundgesetzes einholt. („Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, (….), wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.“)
Der Versicherte wird durch den Hamburger Rechtsanwalt Jan Kuhlmann vertreten, der für die Klage gute Chancen sieht: „Das Bundesverfassungsgericht hat Argumente gegen die Gesundheitskarte und die EDV-Erfassung der Behandlungsdaten schon zwei Mal als durchaus erwägenswert bezeichnet.“ Die bisherigen Kläger wären aber nie „direkt beschwert“ gewesen, da die konkrete Umsetzung noch ausstand.
Auch das kürzlich ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gegen die Vorratsdatenspeicherung von Telefondaten stärke die Rechte der Betroffenen und zeige, dass das Projekt „elektronische Gesundheitskarte“ nicht mehr zeitgemäß ist und eingestellt werden sollte.
Für Rückfragen: Peter Orthen-Rahner, 0173-6017351
Freie-Aerzteschaft.de [ Freie Ärzteschaft->Aktuell->25.08.2010, Pressemitteilung, Grauduszus: „Das Projekt staatlicher Datengier endgültig stoppen“ ]
Liste von Datenschützern kandidiert bei der Techniker-Krankenkasse und sammelt 2000 Unterschriften bei ihren Mitgliedern
Freie Liste Mueller ist eine Initiative für Datenschutz im Gesundheitsbereich. Sie nutzt die Sozialwahlen 2011, um ein bürokratisches Monster zu verhindern. Es wird von seinen Befürwortern "Telematik-Infrastruktur" genannt. Ein wesentliches Mittel dieser "Telematik-Infrastruktur" ist die noch immer geplante "Elektronische Gesundheitskarte", EGK.
Freie Liste Mueller hat eine Kandidatenliste aus 13 Personen für die Wahl zum Verwaltungsrat der Techniker Krankenkasse (TK) aufgestellt. Für diese Kandidatenliste sammelt "Freie Liste Mueller" seit dem 20. August Unterschriften von Mitgliedern dieser Krankenkasse. Es werden 2000 Unterschriften gebraucht, um kandidieren zu dürfen. Das Formular zum Unterschreiben muss von der Internet-Seite der Initiative heruntergeladen und ausgedruckt werden. Anschliessend muss man das Formular ausfüllen, es zwei mal unterschreiben, und an die Post-Anschrift der Initiative senden. Porto und Briefumschlag muss man selbst investieren. Die Hürden sind hoch. Die Initiative ist zuversichtlich, sie in kurzer Zeit zu nehmen. Sie wird dann Listen bei weiteren Krankenkassen aufstellen. Kandidaten dafür gibt es schon. Bis 18. November 2010 müssen Kandidatenlisten mit allen Unterstützungsunterschriften bei den Krankenkassen eingereicht werden. Die Wahl ist am 1. Juni 2011.
Wer ist "Freie Liste Mueller"?
Die meisten der 13 TK-Kandidaten sind Profis der Informationstechnik. Ferner ist ein Arzt vertreten, und zwei Mitarbeiter von Patienteninitiativen.
Von den sieben Gründungsmitgliedern des Vereins kamen fünf als ehrenamtlich Aktive aus diesen Non-Profit-Organisationen:
- Forum InformatikerInnen für Frieden und Gesellschaftliche Verantwortung (FIFF)
- Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AKV)
- BioSkop – Forum zur Beobachtung der Biowissenschaften und ihrer Technologien
Auch die andern beiden Gründungsmitglieder sind ehrenamtlich aktiv, aber nur in der "Freien Liste Mueller", sonst nirgends.
Man kann sich im Internet als Interessent oder Aktiver registrieren. Bisher sind wir rund 50 Menschen. Alle Unterstützer sind versichert in gesetzlichen Krankenkassen. Die Mehrheit der Gründer sind übrigens Mitglied in DGB-Gewerkschaften. (Die Gewerkschaften sind unsere einzigen ernst zu nehmenden Gegenkandidaten bei den Sozialwahlen.)
"Freie Liste Mueller" ist eine der 34 Mitgliedsorganisationen des Bündnisses "Stoppt die E-Card".
Warum ist Freie Liste Mueller gegen die geplante Telematik-Infrastruktur?
Die Nutzung dieser Infrastruktur ist für Patienten nur teilweise freiwillig, für Ärzte gar nicht. Sinn der Milliarden-Investitionen in die Infrastruktur ist, neue Behandlungsformen zu ermöglichen. In denen Bürokratien wichtiger sind, als bisher. Unter dem Schlagwort "Shared Care" sollen unterschiedliche Institutionen auf die selben Daten zugreifen. Call-Center der Krankenkassen, Medizinische Versorgungszentren mit ihren angestellten Fachärzten, sowie Kliniken und Einzelpraxen. Die Steuerung dieser Dienstleister durch "Fall-Manager" der Krankenkassen ist geplant. Da gewisse Angebote mit der Telematik-Infrastruktur viel besser nutzbar sein werden, wird schnell sozialer Druck entstehen, der zentralen Datenhaltung zuzustimmen. Heutige Planungen setzen schon den Zugriff auf die Gesundheitsakte der Telematik-Infrastruktur voraus: Hausarztmodelle, Programme für Diabetiker oder Krebskranke, Planungen für günstigere Tarife der Krankenkassen. Unsere Krankheitsdaten werden in zentralen Servern gespeichert, auf die der Zugriff für den Einzelnen nicht zu kontrollieren ist. Kein Arzt darf es zulassen, dass ein Patient ein paar Seiten aus seiner Krankengeschichte löscht. Das wird auch gelten für die Gesundheits-Daten in der Telematik-Infrastruktur. Sonst macht sie keinen Sinn.
Das wäre ein Schritt zum Leben, das aus der Akte gesteuert wird. Angeblich bestimmen nicht unser Wille und unsere Entscheidungen unser Leben. Sondern: Gene, Risikofaktoren, eingefahrene Muster, unbewusste Motive. Das sind zulässige Diagnosen. Die werden in der Telematik-Infrastruktur gespeichert. Sie können bestimmen, wer wir für andere sind, wie wir leben sollen. So dass nicht wir unsere Daten verwalten. Informationen steuern uns. Es geht um unser Menschenbild. Im Gesundheitsbereich, und darüber hinaus.
Wir wollen eine neue Diskussion. Es gibt Alternativen. Andere hoch industrialisierte Länder leben ohne zentralistische IT-Strukturen im Gesundheitsbereich. IT-Profis wollen eine gute IT-Infrastruktur, auch im Gesundheitswesen. Das wäre eine, die sehr unterschiedliche Datenhaltungen ermöglicht. Entsprechend der Unterschiedlichkeit der Patienten und Ärzte.
Warum Kandidatur zu den Sozialwahlen 2011 der entscheidende Hebel zur Veränderung ist
Es gibt keine andere Großorganisation, die sich so gegen Einflussnahme von außen abgeschottet hat. Nicht einmal Aldi. Die Krankenkassen stehen über den Gesetzen. Sie planten die neue EGK-Anwendung "Versichertenstammdaten-Management" technisch bis ins letzte Detail, und liessen sie anschliessend ins Gesetz schreiben, zwei Stunden vor dem WM-Spiel gegen Serbien. Neue Gesetze zu Gesundheitswesen werden regelmässig von den Spitzenorganisationen vorformuliert. Und im Bundesministerium und Parlament nur noch umgesetzt. Schon Helmut Schmidt seufzte über "vermachtete Strukturen".
Die Verbände berufen sich auf ihre Selbstverwaltung, die "sachnäher" ist und deswegen besser Bescheid weiss. Unter ihrem Schutzschirm können die Krankenkassen ihre bürokratischen Eigeninteressen verfolgen, immer enger mit privaten Krankenversicherungen und Klinik-Ketten kooperieren. Es gibt in Deutschland mehr Krankenkassen-Angestellte, als Ärzte.
Die Verwaltungsräte der Krankenkassen werden in der Regel nicht gewählt. Bei den letzten Sozialwahlen gab es nur bei acht von damals 340 Krankenkassen eine Wahl. Die Regel sind Einheitslisten der DGB Gewerkschaften. Die Gewerkschaften nutzen ihre Sitze in den Verwaltungsräten zur Auszeichnung verdienter Gewerkschafter. Wenn man dort immer die Hand hebt, sind die Sitzungsgelder ein ordentliches Honorar. Die Wahlordnung für die Sozialversicherung erschwert enorm, dass andere Listen antreten.
Die nächsten Sozialwahlen könnten die letzten sein. Eine Vielzahl von gesetzlichen Krankenkassen sind mit privaten Krankenversicherungen wirtschaftlich eng verflochten. Es gibt die Allianz KKH Krankenkasse, Signal Iduna Krankenkasse, Axa Colonia Krankenkasse, Barmenia Krankenkasse, Continentale Krankenkasse, Debeka Krankenkasse, Securvita. Alles GKV-Krankenkassen, die wirtschaftlich einen Konzern mit privaten Versicherungen bilden.
Große Kassen (DAK, TK) haben Exklusiv-Verträge mit privaten Krankenversicherungen. Die TK gehört zu den Haupttriebkräften der Elektronischen Gesundheitskarte und der Telematik-Infrastruktur dahinter.
Entweder dieses Signal geht von den Sozialwahlen 2011 aus. Oder ein anderes. Jeder entscheidet darüber mit. Heute.
www.freielistemueller.de
Mittwoch, 23. Juni 2010
Regierung führt E-Card durch die Hintertür ein
IPPNW.DE |Gesundheit ist keine Ware, Ärzte sind keine Dienstleister
Anlässlich des heutigen Treffens der Gesundheitsexperten der Koalition kritisieren die Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) die letzten Freitag vom Parlament beschlossenen gesetzlichen Voraussetzungen, den "gläsernen Patienten" zu schaffen. Die Koalition führt die Elektronische Gesundheitskarte durch die Hintertür ein, verklausuliert hinter dem bürokratischen Ausdruck der "verpflichtenden Stammdatenabgleichung". Diese ist verbunden mit einer Online-Abgleichung der bei den Krankenkassen gespeicherten Daten und ermöglicht dadurch die unmittelbare Kontrolle der Arzt-Patienten-Beziehung.
Erst drei Tage vor der Abstimmung über das „Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften“ fügte der Ausschuss für Gesundheit noch die verdeckte E-Card-Verpflichtung ein. „Scheinbar war auf transparent demokratischem Weg nicht mehr durchzusetzen, was in den letzten drei Jahren von allen Deutschen Ärztetagen abgelehnt worden war und zu einem breiten Widerstand der Bevölkerung geführt hatte“, erklärt Matthias Jochheim, stellvertretender Vorsitzender der IPPNW.
Besonders erschreckend ist auch, wie die FDP, die vor der Wahl das Gegenteil versprochen hatte, nun die Interessen von Patienten und Ärzten verrät. Die IPPNW weist darauf hin, dass diese sogenannte „Modernisierung“ die ärztliche Schweigepflicht und den Schutz des Arzt-Patient-Verhältnisses preisgibt zugunsten der IT-, der Medizin-Industrie und der Versicherungen.
Die IPPNW fordert alternativ
- technische Veränderungen nur einzuführen, wenn sie ihren Wert für Patienten und Therapeuten bewiesen haben,
- die informationelle Selbstbestimmung von Patienten und Ärzten, wie im Grundgesetz bestimmt,
- die Beurteilung unabhängiger Datenschützer zu befolgen,
- eine medizinische IT-Struktur zu entwickeln, die wissenschaftlichen und ethischen Normen entspricht und
- das Einsparpotential von 15 Milliarden Euro durch einen endgültigen Stopp des E-Card-Projektes in der vorliegenden Form zum Wohle der Patientenversorgung zu nutzen.
Pressekontakt: Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung, Körtestr. 10, 10967 Berlin, www.ippnw.de, Angelika Wilmen, Tel. 030 – 69 80 74 15, Email: wilmen[at]ippnw.de
„Freie Liste Mueller“ tritt bei den Sozialwahlen an und sucht weitere Unterstützer
Bei den bevorstehenden Sozialwahlen im Jahr 2011 werden auch Datenschützer aus dem "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung" (AKV) und dem "Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung" (FIfF) antreten, um sich in den Verwaltungsräten der Krankenkassen für Datenschutz und Mitgliederrechte einzusetzen.
Die Datenschützer, die sich in der jungen Initiative "Neuanfang e.V." organisieren, dürfen zu den Sozialwahlen 2011 nicht mit dem Namen „Liste Neuanfang“ kandidieren, und müssen als sogenannte „Freie Listen“ unter dem Namen eines Kandidaten antreten.
"Wir hätten uns spätestens 2008 gründen müssen, um den Namen „Liste Neuanfang“ führen zu dürfen. Ein klarer Fall der Diskriminierung von neuen Kandidaten und ihren Initiativen“, kritisiert Vereinssprecher Jan Kuhlmann. "Da wir wenigstens bei allen Krankenkassen mit demselben Listennamen antreten wollen, werden wir versuchen, überall den Namen „Freie Liste Müller“ zu führen.“
Aber die Zeit drängt und die Initiative benötigt noch weitere Kandidaten mit dem Familiennamen „Müller“ für ihre Anliegen, denn für jede Krankenkasse müssen bis November 2010 bis zu 2000 Unterstützungsunterschriften gesammelt werden.
„Die Kandidaten unserer Initiative werden besonders die Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte kritisch begleiten. Ebenso werden wir uns dafür einsetzen, dass den Patienten die Behandlungs- und Abrechnungsmodalitäten zwischen Ärzten und Krankenkassen zugesandt werden. So soll Wissen entstehen und öffentliche Diskussionen möglich werden. Deshalb werde ich für die AOK Plus kandidieren“, sagt Andreas Schönherr aus Dresden. „Wir suchen momentan noch weitere Unterstützer und es wäre von großem Vorteil für den Wahlkampf, wenn wir auch noch einen Kandidaten Müller finden.“
Nach Angaben der Initiative würden die offiziell verfolgten Ziele Qualitätssicherung und Kostensenkung mit der Elektronischen Gesundheitskarte, aufgrund des Festhaltens an der Idee einer zentralistischen Infrastruktur (Telematik) nicht zum Vorteil der Bürger_innen umgesetzt werden. Man bräuchte eine ganz neue Verständigung über die behutsame Entwicklung geeigneter Kommunikationslösungen, die neben bestehenden Routinen der heutigen Praxis im Gesundheitswesen langsam Raum fassen können, um die die rechtsstaatlichen Erwartungen "ärztliche Schweigepflicht", „informationelle Selbstbestimmung“ und „Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“ auch in der Praxis einzulösen.
Bei den vergangenen Sozialwahlen wurden nur bei acht von damals 230 Krankenkassen Abstimmungen durchgeführt. Bei allen anderen kamen gewerkschaftliche Einheitslisten ohne Wahlen ins Amt. Bei der AOK Plus, Sachsen/Thüringen, hat bisher bei keiner Sozialwahl eine Wahlhandlung stattgefunden. Dort wird nur eine Abstimmung stattfinden, wenn die Datenschützer ihre Liste, und 1000 Unterschriften von Versicherten dieser Kasse zusammen bekommen.
Pressekontakte:
Jan Kuhlmann, mobil 0151-23278225, jan_kuhlmann@yahoo.de">email
- Vereinsvorsitz „Neuanfang e.V.“ und Kandidat für die Techniker Krankenkasse
Andreas Schönherr, mobil 0163-4045379, schoenherr.andreas@web.de">email
- Kandidat für die AOK Plus (Sachsen, Thüringen)
Donnerstag, 17. Juni 2010
STAMMDATENABGLEICH HAT IN DEN PRAXEN NICHTS ZU SUCHEN
eur Berlin, 16. Juni 2010 – Zu den Plänen der Regierungsfraktionen, die Arztpraxen durch einen Änderungsantrag zum GKV-Änderungsgesetz (Drucksache 17/1297) zum internetbasierten Abgleich der Versichertenstammdaten auf der elektronischen Gesundheitskarte zu verpflichten, erklärt der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands:
Der NAV-Virchow-Bund lehnt die Verlagerung des Stammdatenabgleichs der elektronischen Gesundheitskarte in die Arztpraxen nachdrücklich ab. Nachdem die niedergelassenen Ärzte durch den Einzug der Praxisgebühr bereits zum Erfüllungsgehilfen der Krankenkassen degradiert worden sind, folgt mit dem verpflichtenden Stammdatenabgleich der zweite Streich. Nach dem Motto „Mehr Bürokratie wagen“ soll schon wieder eine originäre Verwaltungsaufgabe der Kassen von den Ärzten erbracht werden – natürlich kostenlos. Doch das Management von Versichertendaten hat in der Arztpraxis nichts verloren. Es kostet viel Zeit und Geld, das in der Patientenversorgung fehlt. In Gebieten, in denen keine schnellen Internetverbindungen verfügbar sind, setzt der vierteljährliche Datenabgleich ein stabiles Nervenkostüm bei Patienten und Praxispersonal voraus. Hier wird ein weiteres bürokratisches Monster aufgebaut, das sicherlich nicht zur Attraktivitätssteigerung des Arztberufes beitragen wird.
Die niedergelassenen Ärzte kritisieren, dass sich CDU, CSU und FDP leichtfertig über die Beschlüsse des diesjährigen Deutschen Ärztetages hinwegsetzen. Dieser hatte sich dafür ausgesprochen, das Projekt „Elektronische Gesundheitskarte“ zu stoppen und den Arztpraxen keine weiteren administrativen Aufgaben aufzubürden.
Überdies fordern Verbände und Organisationen aus dem Gesundheitswesen Minister Rösler in einem Offenen Brief auf, die Gesetzesregelung zur verpflichtenden Online Anbindung aller Arzt- und Zahnarztpraxen zu stoppen. Zudem appellieren sie an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, dieser Einführung der e- Card durch die Hintertür nicht zuzustimmen.
Der NAV-Virchow-Bund ist der einzige freie ärztliche Verband, der ausschließlich die Interessen aller niederlassungswilligen, niedergelassenen und ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte aller Fachgebiete vertritt.
NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands
Leiter der Pressestelle: Klaus Greppmeir
Pressereferentin: Julia Bathelt
Bundesgeschäftsstelle Berlin
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Keine heimliche Änderung der gesetzlichen Regelungen zur elektronischen Gesundheitskarte!
Komitee für Grundrechte und Demokratie - Pressemitteilung
Keine heimliche Änderung der gesetzlichen Regelungen zur elektronischen Gesundheitskarte!
Am Freitag, 18. Juni 2010, soll der Bundestag über ein "Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften" abstimmen. Klammheimlich soll über einen Änderungsantrag, über den der "Ausschuss für Gesundheit" beim Deutschen Bundestag erst am Mittwoch, 16. Juni 2010, beraten hat, eine neue Regelung zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte beschlossen werden. Bisher ist in dem Gesetz nicht vorgesehen, dass die "Stammdaten" der Patienten beim Arztbesuch online mit den bei den Krankenkassen gespeicherten Daten abgeglichen werden. Über diese bisher nicht geregelte Funktion soll nun aber die Einführung der eGK, gegen die es vielfältige Proteste und gute Argumente gibt, protegiert werden. Schnell und möglichst ohne öffentliche Aufmerksamkeit soll also das Sozialgesetzbuch geändert werden.
Im Sozialgesetzbuch V ist schon seit langem die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte geregelt. Aufgrund vieler technischer Probleme und aufgrund vielseitiger Widerstände ist die Karte, die es seit Januar 2006 geben soll, noch immer nicht eingeführt. Immer wieder hat auch das Komitee für Grundrechte und Demokratie vor dieser riesigen Datensammlung gewarnt. "Mit der eGK ist der Umbau des Gesundheitssystems zu einem Kontrollsystem geplant." Wir äußerten die Befürchtung, dass auch die gesetzlich geregelte Freiwilligkeit vieler Anwendungen schnell ausgehebelt werden könnte. Jetzt zeigt sich, wie schnell und ohne öffentliche Aufmerksamkeit das Sozialgesetzbuch geändert werden kann. Und dies geschieht, obwohl sich der Deutsche Ärztetag im Mai 2010 zum vierten Mal mehrheitlich gegen die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ausgesprochen hat. In diesem Jahr ist explizit die Einführung des Stammdatenabgleichs durch die Ärzte für die Krankenkassen abgelehnt worden.
Mit dem Stammdatenabgleich, den der Bundestag am Freitag beschließen soll, soll der Aufbau eines zentralen Informationsnetzes mit Gesundheitsdaten aller Kassen-Patienten befördert werden. Der Protest von Patienten und Ärzten soll ausgehebelt werden. Die Möglichkeit der Patienten, selbst zu bestimmen, welche Daten zentral zugänglich gespeichert werden, wird missachtet. Denn zu den Stammdaten gehören auch medizinische Informationen, so etwa die Teilnahme an "Chronikerprogrammen" mit der Information, aufgrund welcher Krankheit diese Zuordnung gegeben ist.
Aktuelle Informationen zum währenden Streit um die elektronische Gesundheitskarte in den INFORMATIONEN 2/2010 (des Komitee für Grundrechte und Demokratie), Seite 4.
Elke Steven
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Aquinostr. 7 - 11, 50670 Köln
Tel.: 0221 - 97269 -30, Fax: - 31
ElkeSteven@grundrechtekomitee.de">ElkeSteven@grundrechtekomitee.de
info@grundrechtekomitee.de">info@grundrechtekomitee.de
www.grundrechtekomitee.de
Mittwoch, 16. Juni 2010
FDP will offenbar Datenschnüffelei bei Patient und Arzt den Weg ebnen
Grauduszus: „Biotop einer Umfaller-Partei produziert Vertrauensverlust!“
ERKRATH – „Bei täglich einigen Millionen Arzt-Patienten-Kontakten werden umgehend bundesweite Protestaktionen organisiert werden!“ Mit dieser Ankündigung reagierte Martin Grauduszus, Präsident der ‚Freien Ärzteschaft’ (FÄ) auf Hinweise, dass das von der FDP dominierte Bundesgesundheitsministerium die für alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte verpflichtende Online Stammdaten-aktualisierung aller Versicherten und im Nachgang dann damit den ebenso verpflichtenden Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte in den nächsten Tagen endgültig anordnen will.
„Hier wird Glaubwürdigkeitsverlust produziert, wie er wohl nur im Biotop einer als solchen immer wieder apostrophierten „Umfaller-Partei“ entstehen kann“, schreibt Grauduszus in einem Brief an alle FDP-Bundestagsabgeordneten, den FDP-Bundesvorstand und alle FDP-Landesvorsitzenden. Im Bundestagswahlkampf habe die FDP – „der heutige Parlamentarische Staatssekretär Daniel Bahr an vorderster Front“ – eindeutig Position gegen die elektronische Gesundheitskarte und die damit einhergehende Daten-Schnüffelei im „einzigartigen Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt“ bezogen. Umso mehr sei deshalb die völlige Kehrtwendung derjenigen Partei, „der viele Ärztinnen und Ärzte vertraut haben“, für die Kollegenschaft insgesamt nicht nachvollziehbar.
Vor wenigen Wochen erst habe der 113. Deutsche Ärztetag, das Parlament der deutschen Ärzteschaft, die Bundesregierung aufgefordert, „das verfehlte Projekt der elektronischen Gesundheitskarte endgültig aufzugeben.“ Dass ausgerechnet die FDP, die mit einem Arzt den Bundesgesundheitsminister stelle, diesen Beschluss „in einer nicht nachvollziehbaren Missachtung ignoriert, wird die deutsche Ärzteschaft nicht nur zum Nachdenken bringen – Reaktionen werden unausweichlich sein“, schreibt Grauduszus an die FDP-Funktionsträger.
Anerkennung und Unterstützung signalisiert der FÄ-Präsident in diesem Zusammenhang dem FDP-Bundestagsabgeordneten Dr. Erwin Lotter, Bundesvorsitzender der ‚Vereinigung liberaler Ärzte’. Dieser hatte in einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Rösler auf „ein schnelles Ende der Pläne für einen Online-Stammdatenabgleich“ gedrungen.
Für Rückfragen: Peter Orthen-Rahner, Pressesprecher, 0173 – 6017351
Freie Ärzteschaft e.V.
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