Freie Ärzteschaft zum online-Anschluss von Arztpraxen
Die Freie Ärzteschaft warnt niedergelassene Ärzte davor, ihre Praxen
an die Telematikinfrastruktur anzuschließen und auf die
Frühbucherangebote der Industrie einzugehen. „Wir sollten erstmal
abwarten, ob das Pleitenprojekt elektronische Gesundheitskarte nach der
Bundestagswahl überhaupt weitergeführt wird“, sagt FÄ-Vize Dr. Silke
Lüder.
"Seit 2006 gibt es hehre Versprechungen zum angeblichen Nutzen der
eGK. Sie sollte Leben retten, elektronische Rezepte, Notfalldatensätze,
Organspende-Erklärungen sollten auf der Karte stehen, alle
Krankheitsdaten jedes Menschen lebenslang mithilfe der eGK zentral
gespeichert werden. Elf Jahre später wird das ganze peinliche Scheitern
offensichtlich. Aus führenden Kreisen der gesetzlichen Krankenkassen
kommt immer lautere Kritik an dem Pleitenprojekt. Die Freie Ärzteschaft
gehört seit 2004 zu den Kritikern dieses unsinnigen Projekts. Und wir
sehen: Die Geschichte gibt uns recht." (Freie Ärzteschaft 20.8.2017)
Onlineanschluss erneut verschoben!
Bereits wenige Tage nach dem von Minister Gröhe verkündeten Start des
Online-Rollouts musste dieser den Zeitpunkt des Zwangsanschlusses aller
Arztpraxen an die zentrale Kasseninfrastruktur auf Ende 2018
verschieben. Die Konnektoren für den Onlineanschluss sind bis heute
nicht für den Realbetrieb zugelassen, der bisher einzige Anbieter
CompuGroup Medical kann frühestens im Herbst 2017 liefern.
Fallen Sie nicht auf Lockangebote der Industrie herein!
Daher warnen der Vorstand der KV Hessen und anderer KVen davor, jetzt
die vermeintlichen „Frühbucherangebote“ der Industrie zu
unterschreiben. Auf Drängen der Industrie sollen die Kolleginnen und
Kollegen Verträge für knapp 4000 Euro unter-schreiben, da man sonst
Gefahr laufen würde, die in diesem Quartal geltende Förderung nicht zu
bekommen – Mondpreise für die Übernahme der Verwaltungstätigkeit der
Krankenkassen, die die Ärzteschaft seit Jahren ablehnt. Niemand sollte
jetzt auf diese unseriösen „Angebote“ hereinfallen, mit denen sich
IT-Firmen gesundstoßen wollen.
„Gesundheitskarte vor dem Aus“
So titeln die Medien gerade bundesweit – das Projekt ist unsinnig,
teuer und gefährlich. Es gibt keinen Grund für Ärzte, jetzt Lockangebote
zu unterschreiben, die lediglich dem Renditebegehren der Industrie
dienen. Ob das Pleitenprojekt nach der Bundestagswahl überhaupt
weitergeführt wird, sollten wir erst mal abwarten! Sanktionen sind, wenn
überhaupt, erst ab 2019 zu befürchten.
Medikationsplan, Videosprechstunde, Terminservicestelle – eine Chronik des Scheiterns
Haben Sie schon einmal aus einer Klinik neue Medikationspläne mit
CR-Code bekommen? Nein? Wir auch nicht. Wer wird als Ein-Euro-Jobber
diese Pläne erstellen, wer soll für
4,70 Euro eine Videosprechstunde in der Praxis installieren, wenn schon
die Hälfte des Geldes an die IT-Industrie wandert? Wer nutzt die
Terminservicestelle für Facharzt-termine? Fast niemand. Gröhes falsche
Rezepte sind alle gescheitert.
Zuwarten heißt jetzt die Devise!
Wir empfehlen Ihnen gelassenes Zuwarten. Keine Praxis verliert
dadurch irgendetwas. Wir bleiben mehr denn je bei unserer ärztlichen
Kritik an dem staatlichen Mammut-projekt. Niemand kann zentral
gespeicherte Krankheitsdaten von 80 Millionen Bürgern schützen. Sinnvoll
ist eine moderne Kommunikation von Punkt zu Punkt, sicher
verschlüsselt, und die Daten müssen in der Hand von Ärzten und Patienten
bleiben. Nicht in der Hand der Krankenkassen, nicht in der Hand des
Staates und auch nicht in der Hand von Hackern."
https://freie-aerzteschaft.de/elektronische-gesundheitskarte/