Am 3.12.2015 wurde im Bundestag das "E-Health" Gesetz verabschiedet. Die Vertreter von CDU/CSU und SPD lobten sich vor der Verabschiedung selbst für dieses " besonders schöne Gesetz" und den großen Erfolg, nach 13 jähriger Planung nun dem Pleitenprojekt eGK einen mächtigen Schub verpasst zu haben. Mehrfach gelobt von der Großen Koalition wurden die Abgeordneten der Grünen, sie hätten sich sehr konstruktiv in den Fortschritt des Gesetzes eingebracht. Die Partei "Die Linke" hatte schon Ende 2014 einen Gegenantrag gegen das geplante Gesetz formuliert und einen Stopp des Projektes und die Entwicklung patientenorientierter Alternativen gefordert und kritisierte das Gesetz auch in der Debatte scharf. Das Gesetz wurde verabschiedet mit den Stimmen der großen Koalition, bei Enthaltung der Grünen und bei den Gegenstimmen der Partei "Die Linke".
Pressemitteilung der Aktion „Stoppt die e-Card“ vom
04.12.2015
Mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition hat der Deutsche
Bundestag das sogenannte E-Health-Gesetz durchgewinkt. Jahrelange sachliche
Kritik an dem Überwachungsprojekt wurde ausgeblendet. „Das Pleitenprojekt elektronische
Gesundheitskarte (eGK oder e-Card) hat in den mittlerweile zehn Jahren Planung
schon Milliarden Euro verschlungen, aber bisher keinen Nutzen für die
Gesellschaft erbracht“, sagte Dr. Silke Lüder, Sprecherin der Aktion „Stoppt
die e-Card, am Freitag in Hamburg. „Im Gegenteil: Das Gesamtprojekt ist
unsicher, teuer und gefährlich. Das scheint unsere Bundestagsabgeordneten aber nicht
zu tangieren. Es wurden schon Unsummen ausgegeben und weitere werden folgen.“ Denn
alle Chipkarten für die Versicherten müssten bis 2017 für etwa 350 Millionen
Euro erneuert werden. Zudem müssten entgegen aller Versprechungen die
Kartenlesegeräte in den Arztpraxen ausgetauscht werden, da die Sicherheit der Datenweiterleitung
nicht gegeben sei.
„Im Jahr 3 nach Edward Snowden ist das eGK-Projekt nicht
mehr zeitgemäß“, kritisiert Kai-Uwe Steffens, Sprecher des Arbeitskreises
Vorratsdatenspeicherung. „Bundeskanzlerin Angela Merkel hat kürzlich Daten als
Rohstoffe des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Es kann doch aber bei den Patientendaten
nicht um einen Claim gehen, für den die Regierung großzügig Schürfrechte an alle
möglichen Lobbyisten vergibt.“ Mit dem E-Health-Gesetz werde klar, dass es einigen
Akteuren in erster Linie darum gehe, in einer zentralisierten Totalvernetzung eine
elektronische Patientenakte für alle Bürger durchzusetzen, deren
datenschutzkonforme Verwaltung die meisten Versicherten überfordern würde.
Dr. Manfred Lotze, Vertreter der Ärzteorganisation IPPNW im
Bündnis „Stoppt die e-Card“, ergänzt: „Pharmaindustrie, Biotechnologiefirmen
und weitere Gesundheitskonzerne scharren schon mit den Füßen, um die
Krankheitsdaten für ihre Zwecke mit Big-Data-Algorithmen profitbringend
auswerten zu können.“ Die öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss des
Bundestags am 4. November 2015 habe augenscheinlich nur dazu geführt, dass das E-Health-Gesetz
hinsichtlich der Einflussnahme der Industrie weiter gelockert und der Druck auf
Patienten und Ärzteschaft verschärft wurde. „Die Lobbyisten haben sich auf
breiter Front durchgesetzt“, konstatiert Lotze.
Die
Bündnis-Patientenvertreterin Gabi Thiess kritisiert, dass das Gesetz aus dem
Haus von Minister Gröhe ein reines Zwangsgesetz sei, mit dem Patienten und
Ärzte mithilfe von Sanktionen gezwungen werden sollen, das Schnüffelprojekt
durchzusetzen. „Ich als gesetzlich Versicherte erwarte, dass mein Arzt sich nicht
mit elektronischen Akten über mich beschäftigt, sondern die ärztliche Schweigepflicht
schützt, mir zuhört und seine Aufmerksamkeit auf mich als Mensch richtet.“ Dies
werde durch das Gesetz zur „elektronischen Gesundheit“ künftig aber erschwert
und nicht gefördert. Auf kritische Patienten könne nun noch mehr Druck ausgeübt
werden, die Schnüffelkarte zu benutzen, und die Krankenkassen könnten künftig
die Ausstellung einer Ersatzversichertenbescheinigung auf Papier verweigern und
Versicherte finanziell bestrafen. „Das Gesetz hilft nur den Lobbyisten von
Kassen, IT-Firmen und Gesundheitswirtschaft,“ so Thiess.
Auch
die Gerichte sehen den Datenspeicherwahn der Krankenkassen kritisch: In einem
Urteil vom Dienstag dieser Woche hat das Sozialgericht Mainz einer Kasse untersagt,
das Foto des Versicherten bei einem externen Dienstleister auf Dauer speichern
zu lassen (Az. S14 KR 477/15). „Jeder Versicherte kann bei seiner Kasse auf Antrag und mit
Bezug auf dieses Urteil selbst für seine informationelle Selbstbestimmung
eintreten“, erläutert Patientenvertreterin Thiess. „Der Datensammelwut der
Kassen über die Köpfe von uns Patienten hinweg muss ein Riegel vorgeschoben
werden.“
Über die
Aktion „Stoppt die e-Card“
„Stoppt die e-Card“ ist ein breites Bündnis von 54
Bürgerrechtsorganisationen, Datenschützern, Patienten- und Ärzteverbänden.
Unter anderem gehören dazu: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung,
Digitalcourage, Chaos Computer Club, IPPNW, Freie Ärzteschaft e. V.,
NAV-Virchowbund, Deutsche AIDS-Hilfe. Das Bündnis lehnt die eGK ab und fordert,
das milliardenschwere Projekt einzustampfen. Sprecher der Aktion „Stoppt die e-Card“ sind Dr. Silke
Lüder, Gabi Thiess, Dr. Manfred Lotze und Kai-Uwe Steffens.
Pressekontakt: Dr.
Silke Lüder, silke.lueder@stoppt-die-e-card.de; Gabi Thiess, E-Mail: gabi.thiess@gmx.de