Wir dokumentieren hier den Offenen Brief einer Versicherten an Bundesgesundheitsminister Gröhe.
Krankenkassen
schikanieren ihre Versicherten und das alles nur wegen der elektronischen
Gesundheitskarte mit Foto.
Offener Brief einer Patientin
27.
Januar 2015
Sehr
geehrter Herr Minister Gröhe,
Seit dem 01. Januar 2015 soll nur noch die
elektronische Gesundheitskarte mit Foto als Versicherungsnachweis gelten, so
wird es jedenfalls vielfach propagiert.
Was gesetzlich Versicherte seit Anfang des Jahres
in Arztpraxen und besonders bei ihren Krankenkassen erleben müssen, kann einen
schon ziemlich betroffen, ja sogar traurig machen. Versicherte, die Ihr Recht
auf informationelle Selbstbestimmung durchsetzen wollen und sich gegen die
Speicherung ihrer sensiblen Gesundheitsdaten wehren möchten, in dem sie die
neue „Elektronische Gesundheitskarte“ (eGK) ablehnen und kein Foto dafür
einsenden, werden jetzt von ihren Krankenkassen massiv unter Druck gesetzt, ja
zum Teil würdelos und menschenverachtend behandelt.
Hier
einige Beispiele was sich zuträgt:
Schriftliche Anforderungen nach einer
Ersatzbescheinigung wegen eines bevorstehenden Arzttermins wurden mehrfach von mehreren Kassen gar nicht
erst beantwortet. Auf telefonischer Nachfrage hin, wurde mitgeteilt, dass
solche Briefe grundsätzlich nicht mehr beantwortet werden. Das sei eine
Anordnung „von ganz oben“.
Außerdem wird der Druck auf gesetzlich
Versicherte durch Aussagen wie: „In Kürze wird es gar keine
Ersatzbescheinigungen mehr geben, dann müssen Versicherte ohne eGK
Arztrechnungen generell privat bezahlen“, massiv erhöht.
Wird man bei der Kasse persönlich
vorstellig, wird häufig als erstes gefragt, ob man ein Foto dabei hat, weil man
sonst keine Ersatzbescheinigung ausstellen könne. Allenfalls wenn man den Namen
des Arztes angibt wären sie bereit, dort eine Bescheinigung hin zu faxen. Für
mich stellt sich die Frage, ob dies rechtens ist.
In den meisten Fällen, obwohl es noch sehr
rühmliche Ausnahmen gibt, wo Kassen eine Bescheinigung für ein ganzes Quartal
ausstellen, erhalten Versicherte jeweils nur eine so genannte
Einzelfallbestätigung, die für einen einzigen Tag gültig ist. Das ist meiner
Meinung nach reine Schikane und dient der Disziplinierung von Versicherten, um
sie mit diesen Mitteln dazu zu bringen, ihren Widerstand aufzugeben.
Dabei gibt es schon seit Jahren dieses
Ersatzverfahren, das auch problemlos durch eine Arztpraxis selbst in Gang
gesetzt werden kann, indem bei der jeweiligen Kasse angerufen wird und diese
per Fax eine Versicherungsbestätigung erhält.
Dieses Ersatzverfahren wird auch künftig
zum Einsatz kommen, wenn z.B. jemand seine Karte verloren hat oder diese defekt
ist und nicht eingelesen werden kann.
Eine Frau, die mit einer
Einzelfallbestätigung zu ihrem Arzt ging und von ihm in ein Krankenhaus
eingewiesen wurde, teilte dies ihrer Kasse mit. Als Antwort erhielt sie, dass
sie für jeden Tag, in dem sie im Krankenhaus liege, bei der Kasse anrufen solle
und die Kasse würde dann jeweils für den betreffenden Tag eine Versicherungsbestätigung
an das Krankenhaus geschickt. Die Kasse hatte dann wohl doch noch ein Einsehen
und löste das Problem zu Gunsten der Betroffenen.
Welch eine furchtbare Art und Weise ist
dies, Menschen, besonders noch akut Kranke, die
regelmäßig ihre Beiträge für ihre Krankenversicherung bezahlen (müssen), so zu
behandeln.
Mir wurde von meiner Kasse eine
Ersatzbescheinigung vehement verweigert, weil ich nicht bereit sei, ein Foto
einzusenden. Sie verlangten von mir, dass ich von der Praxis des Arztes anrufen
lassen sollte, da würde dann eine Ersatzbescheinigung zugefaxt. Ich lehnte dies
ab, weil mir mehrfach erzählt wurde, dass Krankenkassen in den Praxen das
Personal dazu aufgefordert haben sollen, diesen Patienten auszurichten, dass
eine Behandlung ohne eGK nicht möglich wäre. Nach mehrfachem Hin und Her
erhielt ich dann doch eine Bescheinigung für einen Tag.
In
zahllosen Arztpraxen spielen sich ebensolche Szenen ab.
Das Praxispersonal meines Arztes wollte
meine Ersatzbescheinigung gar nicht annehmen. Ich müsse auf jeden Fall in
diesem Quartal die neue Karte einlesen lassen. Man könne sonst nicht abrechnen.
Auf der Bescheinigung stand explizit, dass die Praxis meine Behandlung für
diesen Tag mit der Bescheinigung abrechnen kann.
Ich habe mitbekommen, wie ein älterer Herr,
der wohl schon eine Stunde vor Praxisbeginn auf dem Flur gewartet hatte um sich
anzumelden, wieder nach Hause geschickt wurde, weil er nur eine alte
Krankenversichertenkarte dabei hatte. Ein älterer Herr wollte sich ein Rezept über
Medikamente holen, die er nach seiner eigenen Angabe dringend benötigte. Er
hatte ebenfalls noch seine alte Versichertenkarte und ihm wurde gesagt, dass er
kein Rezept bekommen könne. In beiden Fällen wurde die neue Karte gefordert,
ohne die könne man weder zum Arzt rein noch ein Rezept erhalten.
Herr
Gröhe, tragen Sie die Folgen für zu spät oder gar nicht behandelte Patientinnen
und Patienten?
So etwas kann man doch nicht mit ansehen.
Das sind Menschen, die vermutlich wegen ihres Alters gar nicht mitbekommen
haben, das sie sich eine neue Karte besorgen müssen. Jahrelang haben sie
vermutlich automatisch eine neue Krankenversichertenkarte zugesandt bekommen,
wenn sie abgelaufen war.
Ärzte und Praxispersonal sind leider in
manchen Fällen sehr schlecht informiert, andere scheuen die zusätzlich
entstehende Arbeit. Dafür habe ich großes Verständnis, aber auf der anderen
Seite liegt mir die Sicherheit meiner
sensiblen Krankheitsdaten sehr am Herzen.
Als Fazit ziehe ich daraus, dass Ärzte,
Praxispersonal und gesetzlich Versicherte einem massiven Druck ausgesetzt
werden, um dieses Mammutprojekt gegen den ausdrücklichen Willen von Ärzten und
Versicherten durchzusetzen.
Es
stellt sich doch die Frage, warum eine so tolle Karte mit so vielen „Vorteilen“
für Patienten, Ärzte und Kassen einen so großen Widerstand in der Bevölkerung
auslöst, dass man jetzt von der Politik Zwangsmaßnahmen einsetzt.
Ein neues Gesetz, das so genannte
„E-Health-Gesetz“ soll jetzt Ärzten und Patienten „Beine machen“ Im Entwurf
dieses Gesetzes von Ihnen, Herr Minister Gröhe, ist zu lesen, dass Ärzte mit Kürzungen ihrer Vergütung für vertragsärztliche
Leistungen bedroht werden, wenn sie sich weigern an der Vernetzung des
Gesundheitswesens teilzunehmen. Anderseits werden sie mit Cent-Beträgen belohnt, wenn sie sich „willig“ zeigen.
Versicherte, die aus vollster, innerster
Überzeugung die neue Karte ablehnen, sollen künftig für jede ausgestellte
Ersatzbescheinigung 5,-- Euro bezahlen.
Herr Gröhe, setzen Sie diesem Treiben ein
Ende!
Weder Ärzte noch Patienten haben einen
Vorteil von diesem von uns Versicherten zu bezahlendem Milliarden–Projekt. Das
Geld wird woanders dringend gebraucht.
Wir
wollen diese „Schnüffelkarte“ nicht!!!
Hochachtungsvoll/
oder mit dennoch freundlichen Grüßen
Gabi
T. gesetzlich Versicherte Patientin, Hamburg