2009 soll Ihre bisherige Krankenversichertenkarte ersetzt werden durch eine neue „elektronische Gesundheitskarte“ mit Foto. Zu Ihrer Information soll das folgende „Kleine ABC“ dienen.
Arzneimittelsicherheit: Entsteht, wenn Ärzte und Apotheker die Wechselwirkungen und Nebenwirkungen verschiedener Medikamente prüfen. Das wird auch jetzt schon täglich praktiziert
Bundesweite Telematikplattform: Bundesweite Infrastruktur, bei der alle, die irgendetwas mit dem Gesundheitswesen zu tun haben (insgesamt bis zu 2 Millionen Menschen) online an zentrale Großrechner angebunden sind. Hier sollen zukünftig die Medizindaten aller Menschen gespeichert werden sollen. Diese bundesweite Mammutvernetzung wurde vom deutschen Ärztetag 2008 abgelehnt!
Qualität im Gesundheitswesen: Die „Gesundheitskarte“ soll angeblich dazu führen, dass die Ärzte mehr Zeit für ihre Patienten haben. Alle bisherigen Kartentests haben das Gegenteil gezeigt. Die Ärzte hatten sogar noch weniger Zeit für die Behandlung, weil sie deutlich mehr Zeit für die komplizierten e-Card Anwendungen benötigten.
„Doppeluntersuchungen“: Sollen angeblich eingespart werden, nach neuesten Studien aus dem Jahre 2007 (IGES Studie) gibt es davon nur noch sehr wenige und nur ein geringes Einsparpotenzial.
„Elektronische Gesundheitskarte“: Sollte schon zum 1.1.2006 eingeführt werden, eine neue Versichertenkarte mit Foto des Versicherten. Sie dient als Schlüssel zu einem Computernetzwerk aus Großrechnern. Die Medizindaten aller Menschen sollen dann nicht mehr nur in den Arztpraxen der behandelnden Ärzte liegen, sondern außerdem verschlüsselt auf großen zentralen Rechnern abgelegt werden. Politik und Krankenkassen erhoffen sich so, das Gesundheitswesen so besser von oben steuern und rationieren zu können. Die Informationstechnologieindustrie plant, mit diesem weltgrößten IT Projekt Milliardengewinne zu realisieren. Hier soll der „Boom der nächsten 20 Jahre“ entstehen.
Elektronische Patientenakte: Die Sammlung aller Arztbriefe, Krankenhausberichte, Laborbefunde, Röntgenbilder außerhalb der Arztpraxen in Großrechnern. Diese Daten befinden sich dann nicht mehr ausschließlich in dem geschützten Raum Arztpraxis unter der Schweigepflicht Ihres vertrauten Arztes oder ihrer Ärztin
Elektronisches Rezept: In Zukunft werden die Medikamente für Sie unsichtbar in der Arztpraxis auf einem Chip auf der Karte gespeichert. Sie können nicht mehr sehen, was Ihr Arzt verordnet hat und nicht mehr selbst kontrollieren, ob Sie die richtigen Medikamente bekommen werden. Die Rezeptausstellung in der Arztpraxis und das Einlösen in der Apotheke dauerte außerdem in allen Tests deutlich länger als mit dem Papierrezept.
Fotos für die Karte: Die Krankenkassen benötigen zum Ausstellen der neuen elektronischen Versichertenkarte ein Foto des Versicherten. Die Zeitung „Focus“ veröffentlichte, dass die Fotos bisher sehr zögerlich eingeschickt werden würden und es keine rechtliche Handhabe gäbe, um die Versicherten zur Fotoabgabe zu zwingen. (Focus Juli 2008)
Freiwilligkeit: Angeblich ist alles freiwillig bei der e- Card. In Wirklichkeit ist die Anwendung für Ärzte gar nicht freiwillig, auch für die Patienten gibt es Pflichtanwendungen (die Kasse kann genau kontrollieren, wann wer in welcher Sekunde bei welchem Arzt war, und welches Medikament er bekommen hat). Die meisten älteren und kranken Menschen sind realistischerweise überhaupt nicht in der Lage, ihre Patientenakte in den Zentralservern zu „verwalten“. Auch die meisten jüngeren Menschen sind damit überfordert.
„gematik“: Die Betriebsorganisation für die Einführung der e- Card heißt „gematik“. Sie ist vom Gesundheitsministerium 2005 gegründet worden. Die letzte Entscheidungskompetenz hat das Gesundheitsministerium, egal wie die Beschlüsse der gematik ausfallen. Außerdem sind die führenden IT Industriefirmen „beratend“ tätig.
Informationelle Selbstbestimmung: Das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung bezeichnet das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen.
Kartenmissbrauch: Das Foto auf der neuen Karte soll angeblich dazu führen, dass der „Missbrauch“ von Versichertenkarten eingedämmt wird. Allerdings ist die Identitätsprüfung hier unsicherer als mit einem Angelschein. Bei diesem muss man zur Behörde gehen, und es wird geprüft, ob Foto und Scheininhaber übereinstimmen. Diese Prüfung fehlt bei der e-Card. Profikartenbetrüger können einfach ein falsches Foto einsenden.
Kommunikation: Auch heute sind die Ärzte schon vernetzt. Es gibt Berichte von jeder Facharzt- und jeder Krankenhausbehandlung für die Hausärzte, die schon immer eine oft lebenslange Patientenakte geführt haben. 90 % der Bürger haben einen Hausarzt. Wozu sollen also die Daten in Großrechnern gespeichert werden? Ärzten und Versicherten hilft das nicht. Auch ohne e-Card werden moderne Informationstechnologien jetzt schon in Arztpraxen und Kliniken eingesetzt.
Kosten: Die Politiker geben 1,4 Milliarden Euro als Kosten für die Einführung an, obwohl eine von der gematik selbst in Auftrag gegebenen Studie von Booz-Allen-Hamilton zu ganz anderen Ergebnissen kam (eher 7 Milliarden). Diese Studie wurde der Öffentlichkeit vorenthalten.
Mobilität der Bürger: Soll angeblich durch die e-Card gefördert werden, da man dann besser auf die Daten zugreifen könne. In Wirklichkeit ist die e-Card aber nur in Deutschland einsetzbar. Wenn man seine Daten im Ausland nicht auf Papier sondern elektronisch mit sich führen möchte, geht das nur mit Hilfe moderner Medien wie spezieller Medizin-USB-Sticks, aber nicht mit der „Gesundheitskarte“.
Notfalldaten: Die Werbung sagt, dass durch die neue Karte im Notfall Leben gerettet werden könne. In Wirklichkeit geht es im akuten Notfall um sekundenschnelle lebensrettende Maßnahmen für Kreislauf und Atmung. Mit dem Herstellen einer Computerverbindung darf keine Zeit verloren werden. Selbst für einen allergischen Schock ist es unerheblich, welche auslösende Ursache dieser hat, weil im akuten Notfall immer nach dem gleichen Schema behandelt wird. Im Übrigen sollten die Notfalldaten nicht auf der verpflichtenden Chipkarte stehen, die man überall vorzeigen muss. Ein Betriebsarzt könnte beim Vorstellungsgespräch fragen, ob man mal "kurz freischalten" könne. Oder die „freiwillige“ Offenlegung der Daten beim Vertragsabschluss für Versicherungen könnte dazu führen, dass man diese gar nicht erst erhält. Notfalldaten sollten NUR in der Hand des Patienten auf Papier oder auf einem international lesbaren elektronischen Medium bleiben.
PIN Nummer: Sicherheitsschlüssel für den Zugriff auf die im Zentralserver gespeicherten Medizindaten sind die Arztkarte, die Patientenkarte und die PIN- Nummern von beiden, welche umständlich eingegeben werden müssen. Die PIN- Nummern haben in den Tests komplett versagt, niemand konnte sich die 6-stelligen PIN Nummern merken. Nun will man die Verwaltung der Patienten-PIN an die Ärzte übertragen, wo bleiben dann Datensicherheit und „Patientenempowerment“?
Schweigepflicht: Die ärztliche Schweigepflicht ist ein hohes Gut und das geschützte Arzt-Patientenverhältnis gehört zur Privatsphäre jedes Menschen. Patientenverbände, Verbraucherzentralen und Bürgerrechtsorganisationen lehnen die Einführung der e-GK ab, Ärzte, Zahnärzte und viele Apotheker ebenfalls weil die e-Card ein Risiko für das geschützte Arzt-Patienten Verhältnis ist. Zugriffsrechte auf zentral gespeicherte Medizindaten können von der Politik kurzfristig geändert werden (siehe Toll collect)!
Solidargemeinschaft der Versicherten: Dadurch zeichnete sich unser Gesundheitswesen lange Zeit aus. Jetzt befürchten Patientenverbände, dass mit Hilfe der Kontrolle und Steuerung von Versicherten und Ärzten Leistungen für „teure Kranke“ eingespart werden sollen.
Tests: Die bisherigen Tests waren eine Serie von Pleiten, Pech und Pannen, in der ältesten Testregion Flensburg wurden sie vorläufig gestoppt, in den Krankenhäusern haben sie größtenteils noch gar nicht begonnen. Trotzdem soll dieses Mammutprojekt mit unabsehbaren Folgen Ende 2008 eingeführt werden.
Wettbewerb: Dieses Schlagwort kennzeichnet die Entwicklung in unserem Gesundheitswesen. Gesundheit wird zur Ware, Patienten zu Kunden, Ärzte zu reinen Dienstleistern. Dafür braucht man gläserne Menschen.
Prestige für die Regierung, Kosten und Gefahren für die Bevölkerung.
Big Brother is watching you!
Das Kleine ABC als Download (pdf)