Offener Brief an Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr
Stoppen Sie die elektronische Gesundheitskarte
Die Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) fordern den neuen Gesundheitsminister Daniel Bahr auf, das Projekt E-Card zu stoppen. „Die Übertragung persönlicher Krankheitsdaten in bundesweite Internetnetze missachtet die Schweigepflicht der Ärzte, hebt die informationelle Selbstbestimmung der Versicherten auf und konterkariert die vom Gesetzgeber bestimmten Ziele,“ schreibt der IPPNW-Vorsitzende Matthias Jochheim in einem Offenen Brief an Bahr. Die IPPNW fürchtet, dass die E-Card zu „gläsernen Patienten und gläsernen Ärzten“ führt. Statt Qualitätssteigerung der Versorgung fresse die Karte Zeit und Geld. In einer realen Notsituation sei sie nicht zuverlässig verwendbar.
Keine Macht der Welt könne so großen Datenmassen im Internet dauerhaft schützen, heißt es in dem Offenen Brief. Der Gesundheitsminister solle sich dafür einsetzen, dass die Ausgabe von bis zu 14 Milliarden Euro aus Versicherungsbeiträgen nicht zu Profiten der IT-Industrie, sondern für eine gute medizinische Versorgung verwendet werde.
Daniel Bahr hatte für die FDP-Fraktion am 23. April 2009 an einer Pressekonferenz des Bündnisses „Stoppt die e-Card“ teilgenommen und sich für ein Moratorium des Projekts E-Card ausgesprochen, solange die Freiwilligkeit der Nutzung und die Sicherheit der Daten nicht garantiert seien. Es gehe hier um die sensibelsten Daten der Patienten überhaupt. Er habe Sorge, dass ein sehr starker politischer Druck vor allem von der Industrie entstehe, die freiwilligen Anwendungen der E-Card zu Pflichtanwendungen zu machen. Bahr rügte auf der Pressekonferenz zudem, dass es kein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis der elektronischen Gesundheitskarte gebe.
Beim Bündnis „Stoppt die e-Card“, dem die IPPNW angehört, sind bereits 750.000 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern gegen die elektronische Gesundheitskarte eingegangen.
Den Offenen Brief an Daniel Bahr finden Sie hier.
Pressekontakt: Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung, Körtestr. 10, 10967 Berlin, Angelika Wilmen, Tel. 030 – 69 80 74 15, Mobil: 0162 / 205 79 43,
Email: wilmen@ippnw.de, www.ippnw.de
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Mittwoch, 25. Mai 2011
Stoppen Sie die elektronische Gesundheitskarte
Montag, 26. April 2010
IPPNW: Ärzteschaft soll weitere Mitarbeit am E-Card-Projekt verweigern
IPPNW-Jahresversammlung beschließt Resolution zur E-Card
Die Internationalen Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) haben auf ihrem Jahrestreffen am Wochenende in Herford eine Resolution zur Elektronischen Gesundheitskarte beschlossen. Darin fordern sie die Delegierten des 113. Ärztetages in Dresden auf, die weitere Mitarbeit der Ärzteschaft an dem E-Card-Projekt zu verweigern. "Inbesondere wenden wir uns entschieden gegen die Absicht, die Ärzte gesetzlich zur Online-Übermittlung der Daten zu verpflichten," heißt es in der Resolution. Die Bundesregierung wird aufgefordert, das verfehlte Projekt "Elektronische Gesundheitskarte" endgültig aufzugeben.
Vier Jahre nach dem Termin der Einführung 2006 sei die neue Versichertenkarte noch immer nicht praxisreif, obwohl allein 2009 742 Millionen Euro an Beitragsgeldern für die 1. Phase des sogenannten „Roll-out“ aus dem Gesundheitsfond ausgegeben wurden. Die IPPNW wies darauf hin, dass die bisherigen „Test“- Ergebnisse niederschmetternd waren und die Tests schon 2008 weitgehend eingestellt wurden. Eine kostspielige Neuauflage in Nordrhein sei daher unverantwortlich.
Zudem widerspreche das neue Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Vorratsdatenspeicherung bei Telefondaten einem Beharren auf dem „ weltgrößten IT Projekt“ mit geplanter Vorratsdatenspeicherung aller Kontakte zwischen Ärzten und Patienten. Die jetzt vorgesehene „Online-Stammdatenaktualisierung“ der Versichertendaten am Anmeldetresen der Arztpraxen und der Speicherung der sensiblen Stammdaten, wie zum Beispiel „Teilnahmen am Chronikerprogramm Diabetes oder Brustkrebs“ in einer zentralen Serverstruktur bei privaten „Dienstleisterfirmen“, laufe dem Recht der Versicherten auf informationelle Selbstbestimmung zuwider.
Sie finden die IPPNW-Resolution unter http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Soziale_Verantwortung/Resolution__E-Card2010.pdf
Pressekontakt: Angelika Wilmen, Tel. 030-698074-15, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung, Körtestr. 10, 10967 Berlin, wilmen[at]ippnw.de, www.ippnw.de
IPPNW.DE | Presse 2010
Dienstag, 22. September 2009
Kein Platz für E-Card-Gegner?
Einführung der elektronischen Gesundheitskarte im Bezirk Nordrhein
Wenn man nicht überzeugen kann, wächst für einflussreiche Funktionsträger auch in unseren ärztlichen Vertretungsorganen offenbar die Versuchung, mit subtilem ökonomischem Druck Entwicklungen durchzusetzen. Und das obwohl die Mehrheit der KollegInnen den Plänen zur Einführung der E-Card aus guten Gründen ablehnend gegenübersteht, wie drei aufeinander folgende Beschlüsse der Ärztetage gezeigt haben. Demokratische Willensbildung bleibt auf der Strecke, wenn solche klaren Voten von den gewählten Vertretern missachtet werden. So betreibt der nordrheinische KV-Vorsitzende Dr. Hansen sogar nach der Ankündigung seines bevorstehenden Rücktritts zum Jahresende noch mit Verve die Durchsetzung eines Projektes, für das er in der Vertreterversammlung keine Mehrheit mehr finden konnte.
Natürlich geht es um viel Geld: bis zu 7 Milliarden EUR werden aus den Beiträgen der Versicherten zu einem erheblichen Teil in die Kassen von IT-Konzernen fließen, und die Möglichkeiten zentralisierter Kontrolle nicht nur der ÄrztInnen, sondern insbesondere auch von Millionen Krankenversicherten werden neue Dimensionen erreichen. Ein österreichischer Kollege schilderte die in seinem Land schon eingeführte Patientendaten-Realität so: die online-angeschlossene Zentrale der Krankenversicherung weiß schon von der Anwesenheit des Patienten im Wartezimmer, bevor der Arzt als Behandler dies bemerkt hat.
Unbestritten ist: das E-Card-Projekt ist nur ein Teil des größeren Regierungsvorhaben „E-Government“. Es geht also nicht nur um Milliarden-Einnahmen der Elekronik-Industrie, sondern auch um den Datenhunger und die Überwachungssucht staatlicher und gesellschaftlicher Großorganisationen. Wo wirtschaftliche und soziale Prozesse sich demokratischer Kontrolle und Steuerung zunehmend entziehen, wächst offenbar die Versuchung, die einzelnen BürgerInnen „gläsern“ werden zu lassen. Die Individuen sollen zu Objekten in einem immer dichteren Netz der Überwachung werden.
Um nicht missverstanden zu werden: es geht uns nicht darum, sinnvolle technologische Neuerungen im Gesundheitswesen zu blockieren. Vielleicht lassen sich durchaus brauchbare Elemente aus dem Telematik-Projekt umsetzen, sprich: aus der zukünftigen Konkursmasse eines verfehlten Konzepts. Eine nach außen abgeschirmte E-Mail-Kommunikation etwa, ohne Speicherung auf zentralen externen Servern. Diese technische Möglichkeit, für die man sich freiwillig entscheiden kann, wäre sicher ein akzeptables Angebot für viele ÄrztInnen und Therapeuten. Dass Patienten das Recht haben, ihre Behandlungsunterlagen auch in ihren persönlichen Besitz zu nehmen, sei es in Papier- oder in digitaler Form, sollte sich ja ohnehin von selber verstehen.
Damit solche sinnvollen Optionen ohne Gefährdung des Kulturguts Arztgeheimnis verwirklicht werden können, muss aber erst einmal das immer noch betriebene verfehlte Gematik-Konzept vom Tisch. Es ist zu hoffen, dass Diskussionen dann auch wieder so offen geführt werden, dass es ärztlichen Organisationen möglich ist, ihre Meinung in Form einer bezahlten Anzeige im Rheinischen Ärzteblatt zu veröffentlichen, ohne - wie im Oktoberheft geschehen - der Zensur zum Opfer zu fallen.
Matthias Jochheim, Stellvertretender Vorsitzender, IPPNW
Montag, 15. Dezember 2008
IPPNW: Keine E-Card-Lesegeräte in unsere Praxen!
Die Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) kritisieren die am 12. Dezember 2008 durchgeführte Erst-Installation eines Lesegerätes im nordrhein-westfälische Düren für die umstrittene neue „elektronische Gesundheitskarte“. „Wir empfehlen unseren Kolleginnen und Kollegen im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, dem Beispiel der Bremer Hausärzte zu folgen und die Anschaffung von Lesegeräten für diese aus datenschutzrechtlichen Gründen hochgefährliche Technologie abzulehnen“, so Vorstandsmitglied Matthias Jochheim. Es gebe keine rechtliche Handhabe, die Installation der neuen Lesegeräte in den Praxen zu erzwingen. Die Versorgung aller GKV-Patienten sei auch ohne neue Lesegeräte in jedem Fall noch geraume Zeit möglich, da die bisherigen Chip-Karten weiter im Umlauf bleiben.
Die IPPNW lehnt die Installation der Lesegeräte für die neue E-Card in Praxen und Einrichtungen aus 7 Gründen ab:
- Das Arzt-Patienten Verhältnis wird durch die Speicherung sensibler Patientendaten in zentralen Rechnern beschädigt oder sogar zerstört.
- Es gibt keinen belegbaren medizinischen Nutzen der E-Card.
- Die Handhabung der Abläufe in den Praxen wird erheblich behindert.
- Die E-Card widerspricht eklatant der Verpflichtung zu sparsamer, die Gelder der Versicherten schonender Arbeitsweise. Kosten der milliardenschweren Entwicklung der Gesundheitskarte, ihrer Installation und Mehrkosten für die Praxisabläufe werden auf Patienten und Ärzte abgewälzt. Allein 2009 werden dafür rund 800 Millionen Euro an Finanzaufwand geschätzt.
- Die nur zu berechtigten Einwände und ablehnenden Beschlüsse der Ärzte wurden von den Betreibern, insbesondere von der Bundesregierung, ignoriert und keinerlei qualifizierter Antwort gewürdigt.
- Die Einführung insbesondere von Telematik-Hardware ohne online-Funktionen bedeutet eine Salami-Taktik zur Überwindung der Widerstände, die einer demokratischen Gesellschaft unwürdig ist.
- Neue Kommunikationstechnik darf gerade im Gesundheitsbereich erst eingeführt werden, wenn ihre Wirkungen umfassend erprobt und von den Anwendern als unbedenklich und nützlich akzeptiert wurden.
Kontakt: Angelika Wilmen, IPPNW-Geschäftsstelle, Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, Tel.: 030-698074-15, Email: wilmen@ippnw.de, www.ippnw.de
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