Pressemitteilung Freie Ärzteschaft e.V. 4.11.2019
Mit seinem Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) attackiert Bundesgesundheitsminister Jens Spahn massiv den Datenschutz und die Privatsphäre der Bürger. „Was Spahn gerade im Schweinsgalopp und von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt durch den Bundestag bringen will, ist ein Frontalangriff auf bundesdeutsches Grundrecht“, sagte Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft (FÄ), am Montag in Hamburg. „Wir fordern die Bundestagsabgeordneten daher auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und im Sinne der Bürger dem Gesetz nicht zuzustimmen. Patientendaten bedürfen eines besonderen Schutzes.“
Am kommenden Donnerstag steht das DVG zur Abstimmung im Bundestag. Mit dem Gesetz will Spahn den Weg frei machen für die größte Sammlung von Patientendaten in Deutschland. Das Einverständnis der Bürger hat er dafür nicht vorgesehen. Lüder betont: „Das Gesetz bricht damit das informationelle Selbstbestimmungsrecht, also ein Grundrecht. Das heißt: Jeder Bürger darf laut unserer Verfassung selbst entscheiden, was mit seinen Daten passiert.“ Dem DVG zufolge sollen aber die Daten – etwa Diagnosen, Behandlungen, Krankschreibungen, Alter, Geschlecht und Wohnort – von 73 Millionen gesetzlich Versicherten ungefragt, ohne Widerspruchsmöglichkeit und Löschfristen für die Forschung verwendet werden können. Das verstoße auch gegen die Datenschutzgrundverordnung.
Zwar würden die Patientendaten mit einem Pseudonym versehen, was aber prinzipiell eine Rückverfolgung zu der Person ermögliche. „Hier entsteht“, macht die FÄ-Vize deutlich, „erstmals eine zentrale Sammelstelle für Gesundheitsdaten in staatlicher Hand und mit einer langen Liste von Nutzungsberechtigten. Der Überwachung und dem Missbrauch werden damit Tür und Tor geöffnet. Und weder Patienten noch Ärzte sollen sich dagegen wehren können – das darf in unserer Demokratie nicht sein.“ Bereits jetzt werden Ärzte gezwungen, sich an die sogenannte Telematik-Infrastruktur anzuschließen und Patientendaten dort einzuspeisen. Mit dem DVG will Spahn Strafen gegen Ärzte verschärfen, die sich nicht anschließen.
Und noch mehr will Spahn mit dem Gesetz erzwingen: Ärzte sollen den Patienten Gesundheits-Apps verschreiben, wenn diese das wünschen. „Dafür werden der ohnehin unterfinanzierten realen Behandlung von Patienten Millionen Euro Versichertengelder entzogen – für etwas, dessen Nutzen noch nicht einmal nachgewiesen sein muss“, kritisiert Lüder. Ein Jahr lang haben die Hersteller Zeit, positive Effekte ihrer App nachträglich
nachzuweisen. So lange wird eine App im Zweifelsfall ungeprüft auf die Bevölkerung losgelassen. „Aus ärztlicher Sicht ist das grob fahrlässig. Spahns Digitalpolitik zerstört die medizinische Qualität in Deutschland und die Grundrechte der Bürger.“
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
V .i. S. d. P.: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V., Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen, Tel.: 0201 68586090, E-Mail: mail@freie-aerzteschaft.de, www.freie-aerzteschaft.de