„Freiheit statt Angst!“ – Das forderte Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung heute bei der Schlusskundgebung nach einer Demonstration durch die Hamburger Innenstadt. Der Protest gegen eine ausufernde Überwachung durch Staat und Wirtschaft vereinte trotz wolkenlosem Himmel und knackiger Hitze rund 500 Demonstranten. Von ihren Transparenten prangten Aufforderungen und Sätze wie „Stopp RFID“, „Vorratsdatenspeicherung ist totalitärer Murks“ und „Ein Staat, der seine Bürger verdächtigt, ist selbst verdächtig“.
„In Zukunft wird der Arzt zum Datenlieferanten von Patientendaten für kranke Kassen und Versicherungen“, warnte „Freie-Ärzteschaft“-Mitglied Dr. Silke Lüder auf der Kundgebung vor Gefahren durch die elektronische Gesundheitskarte. „Die Nähe zum Arzt, das Persönliche, das Empathische wird verloren gehen“, prophezeite die Hamburger Allgemeinmedizinerin. Das Gesundheits- ministerium wolle die Karte offenbar trotz massiver Proteste von Patienten, trotz Ablehnungs- beschlüssen des Deutschen Ärztetages und trotz miserabler Ergebnisse der Testregionen einführen. Die Menschen sollten dankend darauf verzichten, ihre Fotos an die Kassen zu schicken und einfach ihre alte Karte weiterbenutzen, forderte Lüder. „Ich hoffe, dass es den dafür notwenigen zivilen Ungehorsam von Patienten, Bürgern und Ärzten geben wird.“
Gaby Thiess von der Selbsthilfegruppe Fibromyalgie warnte vorm gläsernen Patienten: „Medizinische Daten gehören nicht ins Internet.“ Nach weiteren Rednern des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung und der Piratenpartei sinnierte Soziologe Dr. Nils Zurawski von der Hamburger Universität über den Sinn und Unsinn von Überwachungskameras in der Öffentlichkeit: Als maßlos bezeichnete er die staatlichen Maßnahmen zur Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung. „Ich denke, wir stehen fünf vor zwölf vor etwas, was man Überwachungsstaat nennen kann“, hob Zurawski hervor. „Wir haben eine Menge zu verlieren, deswegen sind Veranstaltungen wie diese hier auch so wichtig“, mahnte der Wissenschaftler.
Den Abschluss der Aktion bildete die Versteigerung zweier Handys, die laut Arbeitskreis Datenspeicherung beobachtungsfreien Telefonieren ermöglichten. Zudem verteilten die Veranstalter Handy-Prepaid-Karten, die unter Pseudonymen registriert seien. Damit könnten sich die Besitzer gegen das Ausspionieren ihrer Kommunikationsbeziehungen und Bewegungen schützen. Unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ fanden heute in über 30 weiteren Städten Protestveranstaltungen statt.