Offener Brief an Präsident Hoppe und den Vorstand der Bundesärztekammer
Sehr geehrter Herr Kollege Hoppe,
bevor Sie Ihr Amt einem Nachfolger übergeben, wenden wir uns an Sie als hochgeschätzten langjährigen Präsidenten der Bundesärztekammer: Wovon hängt die Qualität der medizinischen Behandlung durch Ärztinnen und Ärzte Ihrer Meinung nach ab? Wir sind uns sicher einig: Von einer guten Ausbildung, Kompetenz, Empathie, guten Arbeitsbedingungen und angemessener Bezahlung der Arbeit.
Was schadet einer guten medizinischen Versorgung?
Arbeitsbedingungen, die sich an der Renditeerwirtschaftung für Kapitalgesellschaften orientieren. Fall-pauschalensysteme in Kliniken mit negativen Auswirkungen auf die individuelle Therapie und Diagnostik für Patienten. Übermäßiger Druck durch die wirtschaftliche Entscheidungsebene in Kliniken auf die medizi-nischen Entscheidungen von Ärztinnen und Ärzten. Reduzierte Ausbildungsmöglichkeiten von Ärzten in Weiterbildung durch übermäßig rationalisierte Ablaufschemata in Kliniken nach dem Vorbild automatisierter Wirtschaftbetriebe. Das alles schadet einer guten Versorgung.
Schlecht sind außerdem Arbeitsbedingungen in der ambulanten Medizin, die sich durch Billigpauschalen für die Erbringung persönlicher ärztlicher Leistungen auszeichnen. Und zwangsläufig dazu führen, dass für den einzelnen Menschen zu wenig Zeit zur Verfügung steht und die Patienten im Gesundheitswesen krei-sen, ohne wirklich Hilfe zu bekommen. Das alles verschlechtert Medizin.
Außerdem ein Übermaß an Bürokratie in Klinik und Praxis, als da sind: Kodierzwänge, Überlastung mit administrativen Tätigkeiten, wirtschaftliche Bedrohungen durch Regresse.
Was erleben wir als angebliche Lösung? Welche vermeintlich die „Wirtschaftlichkeit, Transparenz und Qualität“ der gesamten medizinischen Versorgung verbessern soll?
Ein gescheitertes Industrieprojekt, welches im schlimmsten Fall 14 Milliarden Euro kosten wird.
Eine neue Versichertenkarte, die nicht mehr kann als die alte, aber viel teurer ist. Die den Missbrauch nicht verhindern kann, weil die Versichertenfotos nicht identitätsgeprüft sind.
Mittwoch, 25. Mai 2011
Offener Brief an Präsident Hoppe und den Vorstand der Bundesärztekammer
Die als elektronische Patientenakte in Kleinformat einen „erweiterten Notfalldatensatz“ enthalten soll, der so hyperkomplex ist, dass nur ein geringer Bruchteil aller Ärzte ihn überhaupt anwenden wird. Aus Zeitmangel, wegen der negativen juristischen Folgen und weil man nicht bereit ist, die intimsten Daten eines Menschen auf eine Versichertenkarte aufzutragen, die man überall vorzeigen muss. Und in deren Folge durchaus das Risiko der (unfreiwillig) „freiwilligen“ Preisgabe aller Informationen in vielen Situationen entstehen wird (Betriebsarzt, Medizinischer Dienst der Kassen bei Bezug von Krankengeld etc).
Es wird eine „Telematikinfrastruktur“ aufgebaut, die nur nachrichtenbasiert ist, das heißt, die die versprochenen großen Datensätze wie Röntgen- oder Sonobilder gar nicht transportieren kann. Mit Hilfe derer entscheidende administrative Arbeiten der Kassen in die Arztpraxen verlagert werden. Mit der Folge einer massiven zeitlichen und finanziellen Belastung vor allem großer Versorgerpraxen. Und langer Wartezeiten in ländlichen Gebieten. Selbst viele Krankenkassen sind von dem Projekt nicht mehr überzeugt und mussten zum weiteren Mitmachen gezwungen werden. Es gibt aktuelle Warnungen unabhängiger IT-Spezialisten vor gefährlichen Sicherheitslücken in der geplanten e-Card-Infrastruktur.
Eine Versichertenkarte in der Rolle einer Fata Morgana!
Seit 6 Jahren werden in dieses Projekt Milliarden investiert, ohne dass ein einziger Erfolg zu verzeichnen ist. Dieses Projekt setzt nicht an den brennenden Punkten der medizinischen Versorgung an, als da sind: Industrialisierung der Medizin, Verschlechterung der Weiterbildung junger Ärzte, Auswanderung der jungen Generation wegen der schlechten Arbeitsbedingungen nach der Ausbildung.
Im Gegenteil. Durch Suggestion falscher Lösungen werden die Probleme vertuscht. Und es findet eine verantwortungslose, staatlich induzierte Verschwendung von Versichertengeldern statt.
Und, zu unserem Befremden, sind entscheidende Personen aus Bundesärztekammer und Landesärzte-kammern an dieser falschen Zielsetzung seit Jahren maßgeblich beteiligt. Keiner von ihnen wird selbst die Dinge in aller Schärfe ausbaden müssen, die dort in den Zirkeln abgehobener Datenspezialisten fern vom Alltag der Medizin entwickelt werden.
Wir kritisieren, dass sich die Bundesärztekammer als Institution, welche die beruflichen Belange von Ärztinnen und Ärzten zu vertreten hat, an diesem industriegeleiteten Projekt immer weiter beteiligt. Statt die Interessen einer guten Versorgung in den Vordergrund zu stellen, die Beschlüsse aller Deutschen Ärzte-Tage der letzten Jahre endlich ernst zu nehmen und auf die brennenden Probleme der Entwicklung im Gesundheitswesen zu reagieren. Dazu gehört: Den völligen Irrweg der „Gesundheitskarte“ zu erkennen, sich gegenüber der Politik entschlossen dafür einzusetzen, dass dieses Projekt endgültig beendet wird und dafür zu sorgen, dass das Geld in eine gute medizinische Versorgung der von uns behandelten Patientinnen und Patienten fließt!
Wir bitten dabei um Ihre Unterstützung und um die des künftigen Präsidiums und des Vorstandes!
Mit kollegialen Grüßen
Dr. Silke Lüder, Mitglied Delegiertenversammlung Ärztekammer Hamburg und KV-VV Hamburg,
Sprecherin der Aktion „Stoppt die e-Card“
Der Offene Brief wird unterstützt von:
Dr. Klaus Bittmann,1. Sprecher des Vorstandes Ärztegenossenschaft Nord
Dr. Dirk Heinrich, Hamburg
Dr. Dieter Geis, Vorsitzender Bayrischer Hausärzteverband
Wieland Dietrich, Mitgl. des Telematik-Beirates NRW, Kammervers. Nordrhein, Vizepräsident Freie Ärzteschaft e.V.
Fritz Stagge, Beisitzer im Bundesvorstand des NAV Virchow Bund, Delegierter ÄK Nordrhein DÄT
Christa Bartels, Mitglied der Kammerversammlung Nordrhein
Dr. Peter Loula, Mitglied Kammerversammlung Nordrhein, Mitglied Landesvorstand Nordrhein im Berufsverband der Augenärzte, 2. Vizepräsident Freie Ärzteschaft e.V.
Dr. Axel Brunngraber, Kammerversammlung ÄK Niedersachsen, Mitglied der Vertreterversammlung der KBV
Dr. Wolfgang Hoppenthaller, BHÄV
Dr. Wolfgang Bärtl, Bayerischer Facharztverband, Vorsitzender(Sprecher des Vorstandes), Mitglied der Vertreterversammlung der KBV
Matthias Jochheim, IPPNW, Frankfurt a. M.
Dr. Manfred Lotze, IPPNW Regionalgruppe Hamburg
Dr. Bernd Hontschik, Thure von Uexküll-Akademie
Dr. Rainer Woltmann, Vorstandsvorsitzender Ärztegenossenschaft Niedersachsen-Bremen
Dr. Susanne Blessing, Delegierte der VV LÄK Baden-Württemberg, Mitglied der VV der KV Baden-Württemberg
Dr. Christian Pfeiffer - Delegierter der Bayrischen Landesärztekammer, BHÄV Vorstandsmitglied
Dr. Hans-Josef Wilhelmi, Mitglied VV der KV Nordrhein
Dr. Catherina Stauch, Delegierte Ärztekammer Nordrhein, Mitglied VV der KV Nordrhein
Konrad Schneider-Grabenschröer, Hauptausschuss KV Niedersachsen, Netzwerk Aepkos e.V.
Dr.Tilo Brunee, Vorsitzender Sicherstellungsausschuss KV Niedersachsen
Dr. Markus Beier, 2. stellv. Landesvorsitzender des BHÄV, Delegierter bei der BLÄK, Mitglied der VV der KV Bayern
Wolfgang Sigel, Mitglied Vertreterversammlung KV Schleswig-Holstein
Dr. Thomas Kajdi, Mitglied Delegiertenversammlung Ärztekammer Saarland
Dr. Gabriela Stammer, Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte Deutschland, GAÄD
Christoph Claus, Ärztenetz DOXS, Hessen
Dr. Mario Zöllner, Delegierter Landesärztekammer Bayern
Dr. Gerd-Hermann Büscher, HNO.net, NRW e.G.
Dr. med. Michael Gurr, Delegierter der Vertreterversammlung KV- Rheinland- Pfalz
Dr. Johannes Pietschmann, Delegierter Ärztekammer Hamburg
Dr. Gerald Quitterer, Bezirksvorsitzender Niederbayern des BHÄV, Delegierter bei der BLÄK, Mitglied der VV der KVB
Dr. Siegfried Stephan, Mitglied der VV der KV Rheinland-Pfalz, Mitglied der VV der LÄK Rheinland-Pfalz
Thomas Jansen, Mitglied im PädNetz , Mitglied der Vertretervers. LÄK Baden-Württemberg und KV-Baden-Württbg.
Dr.med. Ralph Krolewski, Gummersbach, Vorstandsmitglied im HÄV Nordrhein; Mitglied der VV der KVNO
Dr. Detlef Niemann, Mitglied der Delegiertenversammlung Ärztekammer Hamburg
Dr. Roland Fressle, Mitglied der Vertretervers. der KV Baden-Württemberg und der Bezirksärztekammer Südbaden
Dr. med. J. Büttner, Vorstand BHÄV
PD. Dr. Erhard Lang, Vorstand DOXS eG
Dr. Stefan Pollmächer, Vorstand DOXS eG; Vorstandsmitglied Hessenmed e.V.
Dr. Richard Schütte, Landesvorsitzender Freie Ärzteschaft e.V. Rheinland-Pfalz
Dr. Robert Schulz, Mitglied der VV der KV-SH, Landesvorsitzender BNFN-SH, stellv. Vorsitzender Lübecker Ärztenetz Michael Rug, Vorsitzender des Landesverbandes Baden des Berufsverbands der Deutschen Urologen
V.i.S.d.P.: Dr. med. Silke Lüder, Grachtenplatz 7, 21035 Hamburg, Fax 040 7353036, www.stoppt-die-e-card.de
- Wir verfügen vollständig über ihr Netzwerk
- Teilnahme von Ärzten an der Erprobung der ersten Stufe der Telematik-Infrastruktur
- Freie Ärzteschaft auf dem Deutschen Ärztetag: Elektronische Gesundheitskarte kostet viel und nutzt nichts
- Ungeprüfte Fotos kompromittieren das gesamte Sicherheitskonzept des Mammut-Projektes-Das Gutachten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung KBV
- Elektronische Gesundheitskarte: Kritischer Kurzfilm zeigt Medizin in Zeiten des Cyberspace