Liebe Praxisärztinnen und Praxisärzte,
sicher haben auch Sie in den letzten Wochen immer dringendere Aufforderungen von Seiten Ihrer Kassenärztlichen Vereinigungen bekommen, sich jetzt unverzüglich ein neues Kartenlesegerät anzuschaffen. Es sei damit zu rechnen, dass ab dem 4. Quartal 2011 Einzelne Ihrer Patienten mit neuen „elektronischen Gesundheitskarten“ in Ihrer Praxis erscheinen werden.
Wie ist die Lage? Müssen Sie sich neue Kartenlesegeräte zulegen?
Durch eine Gesetzesänderung in 2011 werden die Krankenkassen jetzt genötigt, „Elektronische Gesundheitskarten“ an 10 % ihrer Versicherten ab 1.10.2011 auszugeben. Anderenfalls drohen Millionenstrafen. Nur so konnten die Krankenkassen gezwungen werden, die seit 2006 überfällige neue Karte auszugeben, obwohl sie nach dem Scheitern aller Tests nicht mehr wirklich vom Projekt überzeugt sind. Die erzwungene Ausgabe der „Elektronischen Gesundheitskarten“ soll bis ca. Ende 2013 erfolgen. Für einige Jahre wird es also noch parallel alte und neue Karten geben. Sie müssen ab dem 4. Quartal 2011 nur in der Lage sein, die neuen Karten mit Ihrem Lesegerät auszulesen. Eine Onlineanbindung Ihrer Praxis wird noch lange nicht nötig sein. Und wir hoffen, dass dies auch auf Dauer verhindert werden kann. Man rechnet damit, dass die erste „Onlineanwendung“, die geplante elektronische Verwaltung der Daten Ihrer Versicherten in Ihrer Arztpraxis frühestens ab 2014 oder 2015 beginnen kann. Wenn überhaupt!
Der „Deutsche Ärztetag“ 2010 hat die e-Card und die Onlinestammdatenverwaltung in den Praxen abgelehnt!
Wir hoffen also noch, dass sich hier Ärzte, Patienten- und Bürgerrechtsverbände endgültig durchsetzen können. Was also ist bis dahin nötig? Ihre Praxis muss nur ein einfaches Kartenlesegerät vorhalten, mit dem Sie die alte KVK und die neue e- Card auslesen können.
Sie brauchen also jetzt kein „onlinefähiges“ Gerät!
Mittwoch, 6. April 2011
Ärzte brauchen jetzt kein onlinefähiges Kartenlesegerät
Alle Experten gehen überdies davon aus, dass in 3-4 Jahren die jetzt in 2011 eingebauten teuren onlinefähigen „BCS e- health“ Terminals bereits technisch überholt sein werden. Sie müssen also damit rechnen, in 2014 oder 2015 erneut ein technisch weiter entwickeltes Kartenlesegerät kaufen zu müssen, welches dann sicherlich nicht noch einmal von den Kassen bezahlt werden wird.
Gibt es denn einen Grund, dass man sich die neuen Kartenlesegeräte nicht von den Krankenkassen bezahlen lassen soll?
Ja. Es ist wenig bekannt, dass es schon seit 2008 einen Bundesmantelvertrag Ärzte (BMÄ 2008) gibt. Schon damals haben Kassen und die KBV geplant, den Arztpraxen die Verwaltungsarbeit für die Stammdaten aufzuzwingen.
Wenn Sie sich also jetzt die onlinefähigen sogenannten „BCS e-health“ Kartenlesegeräte schenken lassen, wird man Sie später deutlich leichter verpflichten können, die zeitraubende, minutenlange (!) „Stammdatenaktualisierung“ der Daten Ihrer Patienten (Statuswechsel, Adressänderungen etc.) online am Tresen Ihrer Arztpraxen vorzunehmen.
Es ist auch eine Frage des politischen Widerstandes der Ärzteschaft, ob sich die Praxen dem Druck beugen oder nicht. Der bisherige Widerstand von Ärzten und Patienten hat schon jetzt dazu geführt, dass das Projekt insgesamt „abgespeckt wurde bis aufs Gerippe“. Dieser erfolgreiche Weg sollte weiter beschritten werden!
Welche Geräte sollten Sie jetzt anschaffen?
Wir empfehlen Ihnen, wenn Sie es nicht zufällig schon besitzen sollten, ein sogenanntes MKT+ Terminal (Multikartenterminal) zu nehmen. Diese wurden 2009 für die e-Card zertifiziert. Sie lesen die alten und die neuen Karten aus, sind aber nicht onlinefähig. Damit sind sie nicht geeignet, um Ihr Praxisdatensystem an die Computeranlagen der Krankenkassen anzubinden. Und genau das wollen auch die meisten Arztpraxen nicht, und in diesem Sinne ist z.B. das MKT+ Kartenlesegerät von der Firma Cherry MKT+ ST- 2052 für den geringen Preis von 60 Euro geeignet. Weitere MKT+ Terminals finden Sie hier. Bestehen Sie gegenüber Ihrer Softwarefirma auf den Anschluss eines solchen MKT+ Kartenlesegerätes, das allerdings nicht bezuschusst wird! Aber das sollte Ihnen die Sicherheit Ihrer Praxisdaten wert sein.
Arbeitet die Aktion „Stoppt die e-Card„weiter?
Ja, die bundesweite Bürgerinitiative aus inzwischen 48 Verbänden und Organisationen wird weiter versuchen, dieses unsinnige, teure und gefährliche Projekt der Datenverlagerung aller Krankheitsdaten in große Internetstrukturen zu verhindern. Wir werden Sie auch weiter auf dem Laufenden halten.
Dr. med. Silke Lüder
Gabi Thiess, Patientenvertreterin
Kai-Uwe Steffens, AK Vorratsdatenspeicherung
Dr. Manfred Lotze, IPPNW
v.i.S.d.P.: Dr. S. Lüder, Grachtenplatz 7,21035 HH
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