„Millionen Patientendaten ungeschützt im Netz“ heißt die Nachricht seit Dienstag, 17. September 2019. Zum wiederholten Mal ist ein Leck bei der Speicherung von Gesundheitsdaten entdeckt worden. Mit dem Digitale Versorgung-Gesetz (DVG) droht jedoch der gesetzliche Ausverkauf sensibler Gesundheitsdaten Alltag zu werden. Gefördert wird der Einsatz von Gesundheits-Apps, die Daten an Drittanbieter weitergeben, und die Zentralisierung aller Versichertendaten im Forschungdatenzentrum.

Die Digitale Gesellschaft nimmt kritisch Stellung zu dem vom Kabinett vorgelegten DVG. Angesichts der bestehenden Probleme mit der Telematik-Infrastruktur, die bisher allenfalls in der Theorie die Sicherung der Gesundheitsdaten gewährleisten kann, und der Tragweite der vom DVG vorgesehenen Veränderungen fordert die netzpolitische Organisation ein Moratorium in der Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Das DVG muss von Bundesrat und Bundestag abgelehnt werden. „Vorrangig muss jetzt über den Aufbau einer sicheren Telematik-Infrastruktur mit einem angemessenen Datenschutz- und Sicherheitskonzept befunden werden. Die Interessen der Versicherten sind zu berücksichtigen und in einen gesellschaftlichen Dialog über die Digitalisierung des Gesundheitswesens einzubeziehen“, argumentiert Elke Steven für die Digitale Gesellschaft.

Ausführlich kritisiert die Digitale Gesellschaft, dass mit dem DVG Digitale Gesundheitsanwendungen von Krankenkassen gefördert werden, die keinerlei Datenschutz garantieren können. Des weiteren werden die Patienten zu Versuchskaninchen, denen Anwendungen verschrieben werden, deren Nutzen für die Gesundheit im ersten Jahr nicht einmal nachgewiesen sein muss. Ihre Daten geben die Versicherten in dieser Zeit jedoch schon an diese Firmen ab. Es mag zwar wie eine Stärkung der Patientenrechte wirken, wenn explizit die Möglichkeit eingeführt wird, dass Versicherte digitale Gesundheitsanwendungen auch direkt bei ihren Krankenversicherungen erhalten können. Tatsächlich werden aber Ärzte aus ihrer Verantwortung für jedwede medizinische Anwendungen, die aus Diagnostik und medizinischer Indikationsstellung resultieren, entlassen.

Die Krankenkassen werden selbst zu Investmentfirmen, die mit den Daten der Versicherten Profiling betreiben und für Angebote werben.

Die Gesundheitsdaten aller gesetzlich Versicherten werden in einem Forschungsdatenzentrum gesammelt und sollen vielen Institutionen und Einrichtungen – ohne Einwilligung der Versicherten – zur Forschung zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet eine Zentralisierung der Daten aller Versicherten.

Mit der Telematik-Infrastruktur, die das BSI als das notwendige Konstrukt zur Sicherung der Daten betrachtet, gibt es bisher nur Probleme. Weder funktioniert es sicher, noch gibt es die zwingend vorgeschriebene Datenschutzfolgenabschätzung.

Insgesamt bleibt nur eine Schlussfolgerung: Es braucht ein Moratorium in der Digitalisierung des Gesundheitswesens, um das Konzept insgesamt zu überarbeiten.

Pressekontakt:
Digitale Gesellschaft e.V.
Dr. Elke Steven
Elke.Steven@digitalegesellschaft.de
030 450 840 17

Link zur Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale Versorgung-Gesetz – DVG):
https://digitalegesellschaft.de/2019/09/gegen-den-ausverkauf-der-gesundheitsdaten-fuer-ein-moratorium-in-der-digitalisierung-des-gesundheitswesens/